Gerda Freise Warum studierte ich Chemie? - Gute UnterrichtsPraxis
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Ich finde, im normalen Unterr<strong>ich</strong>tsablauf gibt's viele Dinge, die man ganz<br />
gut im Leben gebrauchen und auch in anderen Bere<strong>ich</strong>en anwenden kann, etwa<br />
die Statistik. Bei der Prozentrechnung bringe <strong>ich</strong> halt Beispiele, an denen die<br />
Schüler merken, dass man mit Prozentrechnung manipulieren kann, wenn man<br />
zum Beispiel Prozentzahlen angibt, ohne dass man die Zahlen nennt, auf die sie<br />
s<strong>ich</strong> beziehen. Dass man damit Meinungsbildung betreiben kann und dass man<br />
schon etwas davon hat, wenn man das durchschaut.<br />
Auch zur Physik hab <strong>ich</strong> wieder einen Zugang gefunden, nachdem <strong>ich</strong> es<br />
lange Zeit abgelehnt hatte, m<strong>ich</strong> überhaupt wissenschaftl<strong>ich</strong> damit zu beschäftigen.<br />
Den Unterr<strong>ich</strong>t sehe <strong>ich</strong> jetzt im Zusammenhang mit einer Erziehung zum<br />
mündigen Bürger; das hat s<strong>ich</strong> so aus den Diskussionen in unserer Gewerkschaftsgruppe<br />
herausgebildet. Wenn es zum Beispiel um einen Volksentscheid<br />
über Kernkraft ginge, dann wär's mir schon w<strong>ich</strong>tig zu wissen, es sind qualifizierte<br />
Leute und qualifizierte Entscheidungen.<br />
Nur ein Problem habe <strong>ich</strong> noch n<strong>ich</strong>t gelöst: Wenn <strong>ich</strong> versuche, solche anderen<br />
Aspekte in den Unterr<strong>ich</strong>t mit einzubeziehen, also politische oder auch<br />
historische Probleme, ... Galilei zum Beispiel oder Physiker im Dritten Re<strong>ich</strong>,<br />
dann fällt mir immer wieder auf, dass die Schüler schnell abschalten. Sie erwarten,<br />
dass man mit ihnen fachbezogen arbeitet, und können damit im Fach Physik<br />
n<strong>ich</strong>ts anfangen. Teilweise beschäftigen sie s<strong>ich</strong> dann zwar mir zuliebe damit,<br />
können es aber n<strong>ich</strong>t als Lernstoff akzeptieren. Da muss <strong>ich</strong> irgendwie noch 'ne<br />
Balance finden und das besser integrieren.<br />
Dass <strong>ich</strong> jetzt besser in der Schule klarkomme, dazu hat auch die Gruppendynamik<br />
beigetragen. Die Schüler akzeptieren m<strong>ich</strong> und die Kollegen akzeptieren<br />
m<strong>ich</strong> auch - das war vorher n<strong>ich</strong>t so. Das heißt n<strong>ich</strong>t, dass <strong>ich</strong> keine Disziplinschwierigkeiten<br />
mehr habe, aber das kann <strong>ich</strong> jetzt irgendwie verarbeiten, indem<br />
<strong>ich</strong> mir halt überlege, woher's kommt. Wenn <strong>ich</strong> kann, lass <strong>ich</strong>'s laufen,<br />
oder aber <strong>ich</strong> reagier' spontan darauf. Jedenfalls macht es m<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t mehr persönl<strong>ich</strong><br />
fertig, wie das früher der Fall war.<br />
Mit Didaktik bin <strong>ich</strong> im Studium nur in der Form von Didaktik der Bruchrechnung<br />
in Berührung gekommen. Physikdidaktik wurde überhaupt n<strong>ich</strong>t angeboten.<br />
Fachwissenschaft, fast wie fürs Diplom, daneben gab es praktisch n<strong>ich</strong>ts.<br />
In der Referendarzeit wurde uns dann erklärt, was Didaktik sei. Aber das lief