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Gerda Freise Warum studierte ich Chemie? - Gute UnterrichtsPraxis

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Schulen alles vergessen könne. Das genau sollte verändert werden. Von daher<br />

war <strong>ich</strong> erstmal angesprochen.<br />

Meine Vorstellung davon, was nun dagegen konstruktiv passieren sollte,<br />

war aber sehr vage und heterogen. Impulse und Orientierungen erhielt <strong>ich</strong> durch<br />

meine Teilnahme an einem Projekt, bei dem der Nachlass eines ausgesprochen<br />

bekannten Chemikers aufgearbeitet wurde. Zu dritt haben wir die ganzen Dokumente<br />

seines Forscherlebens durchgeackert. Dabei ist mir vieles über den<br />

Prozess und die Entwicklung von Wissenschaft aufgegangen.<br />

Seitdem kann <strong>ich</strong> mit einer Naturwissenschaftsdidaktik, die nur auf Anwendungsbezug<br />

oder Gesellschaftsbezug oder Technikbezug setzt, n<strong>ich</strong>t mehr<br />

übereinstimmen. Diese Bezüge werden ja immer nachträgl<strong>ich</strong> aufgepfropft. Implizit<br />

wird damit auch behauptet, dass s<strong>ich</strong> die Naturwissenschaften völlig losgelöst<br />

von Gesellschaft entwickeln. Ich meine, man muss Wissenschaft in ihrer<br />

Entstehung sehen und darauf achten, welche internen und externen Entwicklungen<br />

und Einflussnahmen dort vorhanden sind.<br />

Ich glaube, <strong>ich</strong> bin jetzt in der Lage, meinen eigenen Prozess, meine eigene<br />

Gesch<strong>ich</strong>te auch besser zu sehen. Im Laufe der Zeit hat s<strong>ich</strong> meine Einstellung<br />

zu dem, was da eigentl<strong>ich</strong> in der Wissenschaft, in der <strong>Chemie</strong> getrieben wird,<br />

doch schon geändert. Ich glaube, dass Alternativen in der Wissenschaft wirkl<strong>ich</strong><br />

nur aus den Wissenschaften kommen können. Eine Frage ist, ob man die Ansätze<br />

von Prigogine oder von Jantsch ... ob man das noch als alte Wissenschaft beze<strong>ich</strong>net<br />

oder schon als deren Überwindung. Diese neueren Entwicklungen werden<br />

die Wissenschaft s<strong>ich</strong>er n<strong>ich</strong>t so verändern oder aufheben, dass plötzl<strong>ich</strong><br />

was Neues kommt. Aber vielle<strong>ich</strong>t werden Keime angelegt, vielle<strong>ich</strong>t bringen<br />

die intern angelegten derzeitigen Widersprüche Veränderungen, Hoffnungen.<br />

Konsequenz für m<strong>ich</strong>: Ich habe in der letzten Zeit wieder angefangen, chemische<br />

Fachzeitschriften zu lesen. Ich versuche jetzt, Wissenschaft n<strong>ich</strong>t mehr<br />

nachträgl<strong>ich</strong> zu verpacken oder aufzuweiten mit Technik und mit Gesellschaftsbezug.<br />

Und <strong>ich</strong> lehne auch ihre schulische Vermittlung n<strong>ich</strong>t absolut ab, indem<br />

<strong>ich</strong> statt dessen Wolle färbe und stricke, sondern <strong>ich</strong> versuche, m<strong>ich</strong> ganz konstruktiv<br />

mit Wissenschaft auseinander zu setzen, auch mit der Organisation von<br />

Wissenschaft in unserer Gesellschaft. Dann kann <strong>ich</strong> auch die Alternativen einordnen<br />

und die verschiedenen Umgangsformen mit ihr erlernen, die man jetzt

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