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Humor - Prof. Dr. Horst Völz

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Wörterbuch, das – Bösartige literarische Erfindung; dient dazu, das Wachstum einer Sprache zu hemmen und sie unelastisch<br />

zu machen. Das vorliegende Wörterbuch hingegen ist eines der nützlichsten Werke, die der Autor, Doktor Johannes Satan, je<br />

geschaffen hat. Es ist gedacht als Kompendium all dessen, was bis zum Zeitpunkt der Fertigstellung bekannt sein wird, und<br />

es kann Schrauben ziehen, Wagen ausbessern und Scheidungen einreichen. Es ist ein guter Ersatz für Masern und kann<br />

Ratten dazu bringen, ihre Löcher zu verlassen und freiwillig zu sterben. Todsicheres Mittel gegen Würmer und für<br />

Kindertränen.<br />

Wohltäter, der – Einer, der Großeinkäufe an Undankbarkeit tätigt, ohne dabei den Preis zu verderben, den nach wie vor alle<br />

zahlen können.<br />

Wonne, die – Gefühlsregung; ausgelöst durch eigenen Vorteil oder fremde Katastrophe.<br />

Wortspiel, das – Form des Witzes, zu der Weise sich hinablassen und Narren emporstreben.<br />

Wunder, das – Tat oder Ereignis außerhalb der natürlichen Ordnung und unerklärlich; wie: ein normales Blatt von vier<br />

Königen und einem As mit vier Assen und einem König schlagen.<br />

(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001<br />

<strong>Humor</strong><br />

[lateinisch (h)umor »Flüssigkeit«] der, früher allgemeine Gemütsbeschaffenheit, Stimmung, (gute oder schlechte) Laune;<br />

geht auf die aus der Antike stammende Vorstellung zurück, dass die Temperamente auf dem Mischungsverhältnis der Säfte<br />

(Sekrete) beruhen; seit dem 18. Jahrhundert verstanden als heiter-gelassene Gemütsverfassung inmitten aller<br />

Widerwärtigkeiten und Unzulänglichkeiten des Daseins. In der Literatur begegnet <strong>Humor</strong> im Altertum und Mittelalter selten;<br />

bei Shakespeare erscheint er mit dem Tragischen verknüpft; seine eigentliche Ausprägung erfuhr er bei den Schöpfern des<br />

humoristischen Romans L. Sterne und H. Fielding, dann bei Jean Paul, der auch eine Theorie des <strong>Humor</strong>s entwarf. In der<br />

Erzählliteratur des 19. Jahrhunderts herrscht sowohl ein satirisch-kritischer als auch gemütvoll-resignierender <strong>Humor</strong> vor (C.<br />

Dickens, G. Keller, F. Reuter, W. Raabe, W. Busch, A. Tschechow); in der neueren Literatur mischt sich <strong>Humor</strong> mit<br />

ironischen, grotesken, auch tragischen Elementen (»Schwarzer <strong>Humor</strong>«). Volkstümlicher <strong>Humor</strong> ist bei allen Völkern reich<br />

vertreten. <strong>Humor</strong> in der Musik beruht meist auf spielerischer oder ironischer Imitation außermusikalischer Schallereignisse.<br />

Satire<br />

[von lateinisch satira »mit verschiedenen Früchten gefüllte Schüssel«] die, Literaturgattung, die durch Spott, Ironie,<br />

Übertreibung bestimmte Personen, Anschauungen, Ereignisse oder Zustände kritisieren oder lächerlich machen will. Sie kann<br />

sich mit allen literarischen Formen verbinden (Epigramm, Dialog, dramatisches Spiel, Roman). Komisch-satirische<br />

Darstellungsarten sind auch Parodie und Travestie.<br />

Die Satire ist, nach Ansätzen in der griechischen Dichtung (Aristophanes), wesentlich römisch-lateinischen Ursprungs. Sie<br />

erscheint zuerst bei Lucilius (2. Jahrhundert v. Chr.). Erneuerer der Satire war Horaz; ihm folgten Persius und Juvenal.<br />

Gemeinsam ist diesen Satiren die metrische Form. Von anderer Art sind die menippeischen Satiren mit ihrer lässigen<br />

Mischung von Poesie und Prosa (Varro). In Senecas politischem Pamphlet, der »Apocolocyntosis« (»Verkürbissung«) des<br />

Kaisers Claudius, in Petronius' Sittenroman »Saturae« ist diese Kunstform fortgesetzt, in Lukians Dialogen erneuert.<br />

Satirische Sittenschilderung zeigt auch das lateinische Epigramm (Martial). Das Mittelalter kennt v.a. die gereimte<br />

Moralsatire (Rügedichtung, Ständesatire; auch Tierdichtung). Bevorzugte Gattung war die Satire in Renaissance und Barock,<br />

in Deutschland zeugen davon die zeitsatirischen Narrendichtungen (Narr) und viele Werke, die der religiösen<br />

Auseinandersetzung dienten (U. von Hutten, T. Murner, J. Fischart u.a.), später die Satiren von J. M. Moscherosch, F. von<br />

Logau und die Predigten des Abraham a Sancta Clara, in Spanien der »Don Quijote« des M. de Cervantes Saavedra als Satire<br />

auf die Ritterromane sowie die »Träume« des F. G. de Quevedo y Villegas, in Frankreich die Romanfolge um »Gargantua<br />

und Pantagruel« von F. Rabelais, später die satirischen Werke von P. Scarron; gefürchteter Satiriker in Italien war P. Aretino,<br />

im 18. Jahrhundert erlangte G. Parini mit seinen aufklärerischen Satiren europäischen Ruhm; in England erreichte die Satire<br />

nach J. <strong>Dr</strong>yden im 18. Jahrhundert einen Höhepunkt mit A. Pope, D. Defoe, S. Johnson, J. Swift, H. Fielding, in Frankreich<br />

mit Voltaire. Im 19. und 20. Jahrhundert wurde die soziale und politische Satire zur Zeitkritik genutzt: im Vormärz durch K.<br />

Immermann, H. Heine, in dramatischer Form durch J. N. Nestroy; ferner durch S. Butler, G. B. Shaw, N. W. Gogol, M. J.<br />

Saltykow-Schtschedrin, M. M. Soschtschenko. Satirische Elemente finden sich bei W. Busch, F. Wedekind, C. Sternheim, H.<br />

Mann, K. Kraus, L. Thoma, B. Brecht, K. Tucholsky, E. Kästner, M. Frisch, F. Dürrenmatt, M. Walser, H. M. Enzensberger,<br />

G. Grass u. a. Die Satire ist auch Bestandteil des Kabaretts. A. Huxley, G. Orwell, E. Waugh schrieben satirische Utopien.<br />

Die Literatursatire als Waffe im Kampf gegen bestimmte Schriftsteller erreichte Höhepunkte in der Satire der<br />

Dunkelmännerbriefe und als eigenständige Gattung in der Goethezeit. Wort- und Bildsatire (Karikatur) verbinden sich in den<br />

im 19. Jahrhundert aufkommenden satirischen Witzblättern (Fliegende Blätter, Kladderadatsch, Simplicissimus, Punch).<br />

Karikatur<br />

[italienisch, zu caricare »überladen«] die, satirisch-komische Darstellung von Menschen oder gesellschaftlichen Zuständen,<br />

meist bewusst überzogen und mit politischer Tendenz.<br />

Die Anfänge der Karikatur in der bildenden Kunst datiert man bis ins Neue Reich Ägyptens zurück; karikierende<br />

Darstellungen besonders aus dem Bereich des Mythos und Volksglaubens finden sich in der griechischen, körperliche<br />

Deformationen bis zur Groteske in der römischen Kunst. Die meist grobe Karikatur des Mittelalters richtet sich häufig gegen<br />

bestimmte Personengruppen (Mönche, Landsknechte u.a.). Künstlerisch profiliert zeigt sich die Karikatur in der Renaissance<br />

(Leonardo da Vinci, A. Dürer, H. Bosch). Zu der Darstellung des Individuellen kommt seit der Renaissance und Reformation<br />

Kritik an Institutionen wie Kirche und Staat.<br />

Mit Goya beginnt die Reihe bedeutender Karikaturisten des 19. Jahrhunderts. In Frankreich arbeiten H. Monnier, J. J.<br />

Grandville, P. Gavarni, H. Daumier für C. Philipons (* 1806, 1862) satirische Zeitschrift (»La Caricature«, »Charivari«). Es<br />

folgen A. Grévin (* 1827, 1892), G. Doré, A. Gill (* 1840, 1885), später T. A. Steinlen; H. de Toulouse-Lautrec karikiert die<br />

Lebe- und Halbwelt des Pariser Fin de Siècle. Neben dem um 1800 tätigen J. Gillray werden in England T. Rowlandson,<br />

später G. Cruikshank, J. Leech (* 1817, 1864) u.a., die v.a. für den »Punch« arbeiten, bedeutend; in den USA T. Nast (*<br />

<strong>Humor</strong>.doc angelegt 21.2.02 aktuell 04.08.02 Seite 18/68

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