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Humor - Prof. Dr. Horst Völz

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75: Das Problem liegt darin, dass Galgenhumor beim Patienten oder bei dessen Angehörigen nicht immer auf Verständnis<br />

trifft. Was der eine als heilsam empfindet, stellt für den anderen eine Geschmacklosigkeit dar. Daher sollte man immer<br />

überlegen, ob Zeit und Ort für einen Witz geeignet sind oder ob sich möglicherweise jemand verletzt fühlen könnte. Ein<br />

Auszug aus den Erinnerungen eines Anästhesisten (Johnston 1985) schildert diesen Sachverhalt sehr eindringlich:<br />

„Ich musste lachen, als Ihr Vater starb.<br />

Ich stand zwischen dem Warteraum, in dem Sie saßen, und dem weit entfernten grünen Raum, in dem der Leichnam Ihres<br />

Vaters lag, und spritzte mir kühlendes Wasser ins Gesicht. Irgend jemand erzählte einen lahmen Witz, und ich lachte laut<br />

heraus, vergaß alles um mich herum, bis mein Blick über die Schulter des Chirurgen hinweg den Ihren traf - Ihre Augen<br />

voller Tränen.<br />

Für Sie muss ich gewirkt haben wie ein herzloses Monster im grünen Kittel, die personifizierte Kälte und Unpersönlichkeit<br />

des Krankenhauses. Schweigend trocknete ich mein Gesicht mit einem harten Papierhandtuch ab und verschwand wieder in<br />

den OP» Mein Lachen war unpassend, und ich möchte mich dafür entschuldigen. Aber gleichzeitig war es auch eine<br />

Notwendigkeit ... die Erfahrung lehrt uns, emotionale Schutzwälle zu errichten ... vielleicht wirken wir hinter unseren<br />

verschiedenen Masken gefühllos, aber versuchen Sie bitte zu verstehen: ein Großteil der Probleme unter denen wir als<br />

medizinisches Personal leiden, rührt daher, dass wir mitleiden. Wir haben auch mit Ihrem Vater gelitten ... Wir alle haben<br />

verdammt hart gearbeitet. Wir haben intubiert, beatmet, überwacht, massiert, geschockt, injiziert. Und auf unsere ganz<br />

eigene Art haben wir für ihn gebetet. Nichts hat geholfen ... So oft, wie wir im Krankenhaus mit dem Tod konfrontiert sind,<br />

müssen wir uns ein Gegengewicht zu all dem Leid schaffen, Schmerz mit Freude aufwiegen ... die universellste, billigste,<br />

demokratischste, gerechteste und belastbarste Quelle der Freude ist das Lachen.<br />

Als Menschen und somit als ungeschickte Tölpel werden wir alle früher oder später einmal im falschen Moment lachen. Ich<br />

hoffe, Ihr Vater würde verstehen, dass mein Lachen nicht als Respektlosigkeit ihm gegenüber gemeint war. Es war ein<br />

verzweifelter Griff nach Halt, das, was Physiologen als ausgleichenden Reflex bezeichnen, das, was passiert, wenn eine<br />

Katze in die Tiefe stürzt.<br />

An diesem Tag, als Sie mich lachen sahen, wusste ich, dass noch ein anderer Patient auf mich wartete, meiner Hilfe bedurfte<br />

und darauf angewiesen war, dass ich mich bei seiner Operation voll konzentrierte. Als ich an diesem Waschbecken stand und<br />

mir Schweiß, Blut und Erbrochenes aus dem Gesicht und von den Armen wusch, war mein Lachen für mich genauso<br />

befreiend und reinigend wie Ihre Tränen es für Sie waren.<br />

Es tut mir aufrichtig leid.“<br />

78: Die Verbindung zwischen Komik und Lachen einerseits und Tragik und Weinen andererseits, ist ein Thema, das die<br />

meisten Autoren beschäftigt, die über <strong>Humor</strong> schreiben. Eine Annahme geht dahin, dass wir lachen um nicht zu weinen.<br />

(Obwohl wir manchmal lachen, dass uns die Tränen kommen).<br />

Wenn wir noch lachen können, kann es doch eigentlich gar nicht so schlimm sein.<br />

Zumindest für den Augenblick, in dem der Witz uns fesselt und wir lachen, ist alles andere vergessen.<br />

80. Auch Karikaturen haben Autoren (H.V.)<br />

Auf Bruce Jay Friedman geht der Begriff schwarzer <strong>Humor</strong> zurück. „die sarkastische Betonung des Absurden, die uns<br />

lachen lässt, damit wir nicht weinen müssen.<br />

83: dieser schwarze( makabre, kranke, sarkastische oder eben Galgen-) <strong>Humor</strong> diente eher der Verteidigung als der<br />

Kapitulation und verleihe uns Herrschaft über die Angst. Er wirke wie ein Pfeifen in der Dunkelheit.<br />

101: Der Vorteil des <strong>Humor</strong>s besteht darin, dass er das lernen erleichtert. Insbesondere bei Schulkindern und Jugendlichen,<br />

hohe positive Korrelation zwischen <strong>Humor</strong> und Kreativität.<br />

Lachen habe eine befreiende Wirkung auf den Gedankenfluss (H.V.?)<br />

104: Lachen erzeuge genau das Klima, indem das Lernen wachse und gedeihe. Lachen müssen schon zu Hause beginnen und<br />

sich durch die gesamte Erziehung und Bildung hindurchziehen. Lachen befreie und schaffe Kanäle für Kreativität und<br />

Neugier.<br />

Ernsthaftigkeit sei für Kinder wie eine intakte Fensterscheibe in einem leerstehenden Gebäude. Sie wecke Lust zum<br />

Kaputtmachen.<br />

105: Bildung solle uns lehren, die Rolle des weisen narren zu übernehmen und uns nicht zum humorlosen Fachidioten<br />

machen.<br />

106: Nur derjenige sei gebildet, der gelernt habe, zu lernen und sich Veränderungen anzupassen, und der erkennt, dass<br />

Wissen niemals absolut sein und nur die ständige Suche nach Wissen Sicherheit geben könne.<br />

<strong>Humor</strong> bei Völkern:<br />

112: Wir wissen jedoch, dass Lächeln und Lachen kulturelle Grenzen überschreitet, und dass <strong>Humor</strong> in allen<br />

Gesellschaften eine formende Kraft darstellt. Der <strong>Humor</strong> eines Volkes spiegelt oft seine Sorgen, Konflikte und Hoffnungen<br />

wider. Es steht zu vermuten, dass es zwar diverse Unterschiede, aber auch viele Gemeinsamkeiten gibt, denn das Lachen ist<br />

eine überall auftretende menschliche Verhaltensweise.<br />

Diesen widersprüchlichen Charakter des <strong>Humor</strong>s illustriert ein Brauch der Grönlandeskimos, die ihre Streitigkeiten in der<br />

Form von Lachduellen austragen. Die Kontrahenten werfen einander humorvolle Beleidigungen an den Kopf und erzählen<br />

obszöne Witze über ihren Gegner. Derjenige, der im Publikum die meisten Lacher erntet, hat gewonnen. Der andere, zutiefst<br />

gedemütigt, geht häufig ins Exil.<br />

Manche Spielart des <strong>Humor</strong>s scheint jedoch nicht an eine bestimmte Kultur gebunden zu sein. Als Charlie Chaplin einen<br />

ostafrikanischen Stamm besuchte, wurde ihm ein traditioneller Tanz vorgeführt. Anschließend erwartete man von ihm, dass<br />

er zum Dank ebenfalls etwas darbot; er entschied sich für die pantomimische Darstellung eines Stierkampfes. Die<br />

Eingeborenen wollten sich vor Lachen schier ausschütten. Dann ging er noch einen Schritt weiter und spielte eine Szene, in<br />

der eine Frau und ihr Geliebter vom Ehemann in flagranti erwischt werden. Auch dieser Sketch wurde verstanden und sorgte<br />

für große Belustigung.<br />

Nahezu jede Gesellschaft bringt eine institutionalisierte Form des <strong>Humor</strong>s hervor, die der sozialen Entlastung und<br />

Regulierung dient. Radcliffe-Brown beschrieb im Jahre 1940 im Rahmen seiner Studie an afrikanischen Naturvölkern als<br />

<strong>Humor</strong>.doc angelegt 21.2.02 aktuell 04.08.02 Seite 64/68

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