Humor - Prof. Dr. Horst Völz
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menschlich-allzumenschlichen Bodenpersonal des lieben Gottes kommt bis heute auch im Gewand von Witz und Satire<br />
daher –. nicht nur im Gelächter der Ungläubigen, sondern auch als Selbstkritik der Frommen. Denn hinter jeder echten Satire<br />
steckt ein gekränkter Idealist. Das gilt von der berühmten Tradition des jüdischen Witzes bis hin zu christlichen Autoren wie<br />
Hanns Dieter Hüsch oder Kurt Marti.; hr2, 08.30-08.45; 2.12.98<br />
Das organisierte Erbrechen, Die Achterbahn, Von Ulrich Land, Eine Achterbahn lässt sich haarscharf genau so berechnen,<br />
dass der Mageninhalt gerade nicht über Oberkante Unterlippe schwappt und das Genick nicht knickt. Fünffache<br />
Erdbeschleunigung macht den Menschen körperlich absolut hilflos, und so katapultiert ihn jede anständige Achterbahn weit<br />
über diese Grenze hinaus! Und wir schlagen uns drum, greifen tief in die Tasche, um dieses Ausgeliefertsein an gigantische<br />
Energiebündel zu erfahren, und lachen und kreischen und feiern den Machtverlust im Schleudertrauma. Da wird der Körper<br />
mit sämtlichen Gleichgewichts- und Verdauungsorganen auf die Reise ins Nirwana geschickt und muss nicht global vernetzt<br />
auf der Datenautobahn rasten. Eins Live, 23.00 - 24.00; 9.3.99<br />
Millennium -Spurensuche in zehn Jahrhunderten 1200 - 1300: Hofnarr, Von Walter Filz; Im 13. Jahrhundert fanden<br />
europäische Fürsten Gefallen an einem orientalischen Brauch: sie leisteten sich Hofnarren. Festangestellte Spaßvögel,<br />
Fratzenschneider, Possenreißer, die das Privileg haben, respektfrei ihren Herrscher und Arbeitgeber anzugrinsen und<br />
auszulachen. Was sich ein Fürst nur dann leisten kann, wenn seine Macht und Würde sonst unstreitig ernst genommen<br />
werden. Der Hofnarr ist die kalkulierte Ordnungsstörung in einem System, das seine Ordnung sonst für störungsfrei und<br />
sicher hält. Bis heute, wo die Nachfahren der Hofnarren als Kabarettisten und Comedians arbeiten. Zwar nicht mehr direkt<br />
angestellt beim Staat, doch vielfach von ihm gern geduldet und subventioniert. Mächtige wissen: jeder Witz, der über sie<br />
gemacht wird, ist ein Beweis, wie wichtig man ihr Handeln nimmt. Und wenn man dabei mitlacht, beweist man sich und<br />
anderen, wie souverän man ist. WDR Radio 5, 12.05-13.00; 7.4.99<br />
Selten (so) gelacht; Über die schwierige Heimat des Lachens in Kirche und Theologie; Von Peter Schaal-Ahlers; Es gibt<br />
nichts, worüber nicht gelacht werden könnte. Im Lachen finden widersprüchliche Bewegungen im Inneren des Menschen<br />
ihren Ausdruck. Lachen bedeutet aber auch, Abstand haben zum Objekt, das belacht wird. In den christlichen Kirchen gibt es<br />
eine lange Tradition der Skepsis gegenüber dem Lachen. Das Lachen wurde in den Kirchen allenfalls am Rande geduldet.<br />
Das im Mittelalter übliche Ostergelächter ist fast verstummt. Und das alles, obwohl die Kirche verkündet, sie hätte eine<br />
»frohe Botschaft« zu vermelden. In den TV-Kanälen hat sich eine neue deutsche Spaßkultur entwickelt. Und zugleich wird<br />
neuerdings von katholischen und evangelischen Theologen eine »Theologie des Lachens« propagiert. SWR2, 12.05-12.30,<br />
6.6.99<br />
Warum Sara lachte; Über das Gelächter in Bibel und Kirche; Eine Sendung von Friedrich Grotjahn; Der erste Mensch, von<br />
dem erzählt wird, dass er spontan losgelacht habe, war die 90jährige Sara, die Frau des alttestamentlichen Patriarchen<br />
Abraham. Sie lachte, als sie hörte, sie werde einen Sohn zur Welt bringen. Ob sie diese Ankündigung einfach nur komisch<br />
fand oder ob sie darin einen anderen Grund zur Freude sah, darüber gehen die Meinungen der Bibelausleger auseinander.<br />
Und auch sonst hat es - wenn die christliche Religion aufs Ganze gesehen auch sehr ernsthaft daher kommt - in der Bibel und<br />
im Verlauf der Kirchengeschichte immer wieder Anlässe gegeben, in Gelächter auszubrechen; in was für eines auch immer.<br />
(Wdh. in WDR Radio 5, Sa. 12.6.99, 19.05) WDR 3, 8.30-9.00; 6.6.99<br />
Erstes Manifest der Komischen Musik; Oder: Können Töne lachen? Von Frieder Butzmann; Gibt es komische Musik? Und<br />
wenn ja, wann oder warum sind manche Töne komisch? Einige lachen, wenn der Sänger falsch singt, auch wenn der das gar<br />
nicht komisch findet. Es gibt sogar Musiken, da soll gelacht werden: Bei Mozarts Dorfmusikantensextett, beim Schlager<br />
Polonaise Blankenese, bei Tönen in Cartoon-Musiken, Und dann gibt es merkwürdige Katzenmusiken, die für den einen<br />
höchste Kunst sind und dem anderen nur ein Kopfkratzen und den verwunderten Ausdruck komisch entlocken. Frieder<br />
Butzmann untersucht die Wirkung des Musikers auf der Bühne und denkt anhand kurzer Filmmusikszenen über die<br />
Bedeutung von Tönen nach. Und er stellt seine Heldengalerie der Komischen Musik vor, die immerhin einen Zeitraum von<br />
400 Jahren umfasst. SWR2, 14.05; 25.6.99<br />
Lachen machen!; Mit Mario Angelo; »Der Mensch, das leidendste Tier auf Erden, erfand sich das Lachen«, erkannte<br />
Friedrich Nietzsche. Der Mensch pflegt mit dieser Erfindung sparsam umzugehen: Die Deutschen lachen bloß sechs Minuten<br />
am Tag. Vor einem halben Jahrhundert waren es noch 18 Minuten. Gesund sind 20 Minuten täglich. Erwachsene lachen etwa<br />
20mal, Kinder bis zu 500mal täglich. Der durchschnittliche Lacher dauert sechs Sekunden. Der Atem beschleunigt beim<br />
Lachen auf Spitzenwerte von 100km/h, während sich der Gasaustausch in der Lunge um das <strong>Dr</strong>ei- bis Vierfache erhöht.<br />
Medizinische Forschungen haben durch Messungen des Bluthormonspiegels nachgewiesen, dass Lachen stressbedingte<br />
Gesundheitsschäden zurückbildet. Dass Lachen gesund ist, versichert uns schon seit langem der Volksmund. Endlich wissen<br />
wir, warum. 'Lachen machen' ist also eine der vornehmsten Ideen der Kunst. Von der Musik sagt man, sie tauge nur<br />
eingeschränkt zu Witz und Scherz und löse das Lachen im Lächeln auf und die Komik in Heiterkeit. <strong>Humor</strong> in der Musik -<br />
eine nicht besonders komische Sache? Jene Auslegungsliteratur, die voller Ernst dem <strong>Humor</strong> bei Mahler, Wagner oder<br />
Schönberg auf die Schliche zu kommen glaubt, nährt dieses Urteil. Die heutigen »Musikpassagen« stellen Komponisten und<br />
Musiker ins Rampenlicht, die die vermeintliche Bagatelleaufgabe des 'Lachen machens' nicht bagatellisieren, sondern ihren<br />
<strong>Humor</strong>, die Kurzschlüsse zwischen Vernunft und Trieb, als Virtuosenkunst begreifen und unbeirrt dem Ziel folgen, ihren<br />
Zuhörern das Glück des Lachens zu schenken. Sie sind Klanggaukler und lieben das Spielerische, das Überraschende, die<br />
Invention. Ihr Witz lebt von Andeutungen und Zitaten, sie parodieren pointiert die Großen der Zunft und sind dabei doch<br />
ganz sie selbst. Ihr <strong>Humor</strong> zeugt von dem erfolgreichen Versuch, sich - gelassen und souverän - nicht so wichtig zu nehmen.<br />
WDR 3, 15.05 - 18.00 15.7.99<br />
Lächeln, Lachen, Verlachen, Lachend durch die Geistesgeschichte Von Rolf Cantzen; Wer lacht, argumentiert nicht. Wer<br />
etwas verlacht, wirkt subversiv. Wer jemanden lächerlich macht, kann ihn ruinieren. Menschen lachen, Tiere nicht. Das<br />
<strong>Humor</strong>.doc angelegt 21.2.02 aktuell 04.08.02 Seite 57/68