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ANSUCH9d1.DOC<br />
2.1.5 Die sozial-kognitive Lerntheorie<br />
BANDURAS Theorie des Lernens durch Beobachtung gilt als eine der wichtigsten<br />
Neuerungen der modernen Psychologie. Hieß Lernen früher, dass Reaktionen<br />
aus-geführt und ihre Wirkungen erlebt würden, geht BANDURA davon aus, dass<br />
sich nahezu alle Lernphänomene auf einer stellvertetenden Basis ereignen.<br />
Bekräftigung sei zwar bei der Regulierung jener Verhaltensweisen wirksam, die<br />
bereits erlernt wurden, aber relativ unwirksam bei der Erschaffung neuer<br />
Verhaltensweisen. Für BANDURA ist Lernen nicht nur das Bilden von<br />
Hypothesen, sondern jede Speicherung wahrgenommener Reize und Reizfolgen<br />
im Langzeitgedächtnis. Man beobachtet, wie andere Menschen sich verhalten und<br />
welche Konsequenzen ihnen dies einträgt. Die Einprägung kann in bildhafter<br />
Weise geschehen (optische Vorstellungen) oder als verbale Beschreibung.<br />
Ausmaß und Qualität der Speicherung hängen ausschließlich von kognitiven<br />
Faktoren, wie Anzahl der Darbietungen (Beobachtungen), Aufmerksamkeit und<br />
Kodierung, ab.<br />
Ein großer Vorzug der BANDURA-Theorie liegt darin, dass sie den Erwerb völlig<br />
neuer Verhaltensweisen erklären kann, dass integrierte Verhaltensmuster<br />
erworben werden können, ohne sie langwierig und mühsam durch Versuch und<br />
Irrtum aufbauen zu müssen. Es genügt das bloße Beobachten für das Lernen<br />
komplizierter Verhaltenssequenzen, wie z.B. das von Kindern so oft gezeigte<br />
spielerische Ausprobieren erwachsenen Rollenverhaltens. BANDURA betont die<br />
große Effizienz des Lernens durch Beobachtung nicht nur beim Lernen neuer<br />
Verhaltensketten, sondern auch beim Umlernen.<br />
2.1.5.1 Lernen aus den Erfahrungen anderer<br />
Motivationsvariablen bestimmen, ob und wie das Gelernte dann vom Beobachter<br />
durchgeführt wird. Wie oft beobachtetes Verhalten imitiert wird, hängt von<br />
Verstärkern und Strafreizen, also von den Verhaltenskonsequenzen ab. Dabei<br />
spielen auch die individuellen Bewertungen der verschiedenen Verstärker eine<br />
Rolle. Wenn man Lernen als das Aufstellen und Modifizieren von Hypothesen<br />
über Verhaltenskonsequenzen auffasst, dann können solche Erwartungen nicht<br />
nur aufgrund selbst erlebter, sondern auch aufgrund beobachteter Verhaltenskonsequenzen<br />
gebildet werden. Wenn jemand anderer mit einem bestimmten<br />
Verhalten wiederholt erfolgreich ist, entsteht die generalisierte Erwartung, dass<br />
dieses Verhalten positive Konsequenzen nach sich zieht. Solche gesehene, aber<br />
auch gehörte oder gelesene, nicht selbst erlebte Verstärker werden<br />
stellvertretende Verstärkung genannt (bei aversiven Reizen spricht man von<br />
stellvertretende Bestrafung).<br />
Motivationsvariablen steuern neben der Ausführung aber auch das Lernen selbst:<br />
Die Aufmerksamkeit hängt u.a. von der Valenz der Modellperson (also ihre<br />
Attraktion für andere) und vom funktionalen Wert ihres Verhaltens ab.<br />
© Schütz, Schneider-Sommer, Gross, Jelem 1999<br />
Theorie und Praxis Neuro-Linguistischer Psychotherapie Seite 55/143