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ANSUCH9d1.DOC<br />
Gefühl gegeben hat. Das Gefühl war möglicherweise da, aber als Teil des<br />
Bewusstseins eines anderen Teiles („Secondary personage“), von deren Existenz<br />
der erste Teil, mit dem wir uns unterhalten, keine Auskunft geben kann.<br />
Die Arbeit mit inneren Persönlichkeitsanteilen nimmt in der Neuro-Linguistischen<br />
Psychotherapie (NLPt) einen sehr großen Raum ein.<br />
Man geht dabei von der Grundannahme aus, dass jedes innere oder äußere<br />
Verhalten von einem Teil (der Gesamtpersönlichkeit) ausgeht und von diesem<br />
aufrechterhalten bzw. gesteuert wird. Ein Teil ist also ein Subsystem des größeren<br />
Systems der Gesamtperson. Es kann sein, dass ein anderer Teil oder Teile der<br />
Gesamtpersönlichkeit ein von einem bestimmten Teil hervorgebrachtes Verhalten<br />
gutheißen, ablehnen, ja sogar verwerflich finden. Der Begriff Verhalten ist hier<br />
bewusst weitgefasst und inkludiert emotionale Zustände ebenso wie psychosomatische<br />
Symptomkomplexe. Man geht von der Annahme aus, dass das<br />
gezeigte Verhalten oder Symptom (mag es nun als wünschenswert eingeschätzt<br />
oder als schädlich oder unmoralisch oder schambesetzt abgelehnt werden) ein<br />
Ausdruck des inneren Teiles ist, der einen Versuch darstellt, der positiven<br />
Intention dieses Teiles für das Gesamtsystem zu entsprechen. Es wird unterstellt,<br />
dass das Verhalten das Beste ist, was dieser Teil zu tun imstande ist. Es gelingt<br />
also dadurch, spezifisches Verhalten in seiner Auswirkung und systemischer<br />
Bedeutung von der Intention, die es ursprünglich hervorgebracht hat, zu trennen.<br />
Widersprüche und Alternativen können daher gleichzeitig als Lösungsversuche<br />
verschiedener Teile existieren. Eine Blockade durch ambivalente Strebungen,<br />
oder eine völlige Abspaltung eines ungeliebten Teiles kann dadurch integrativ in<br />
ein System eingebunden werden. Teile sind einerseits autonome innere Instanzen<br />
(gleichsam Teilpersönlichkeiten) die unterschiedliche Wertvorstellungen, Ziele, ja<br />
sogar Erfahrungen haben können, sind aber andererseits als Teile des<br />
Gesamtsystems diesem - durch die positive Intention - verbunden. Teile können<br />
auch in verschiedenen Lebensbereichen situiert sein (Beruf, Privatleben,<br />
Öffentlichkeit) oder bestimmten Fähigkeiten entsprechen (Selbstsicherheit,<br />
Zurückgezogenheit, Aggressivität etc.). Sie können auch so konfiguriert sein, dass<br />
sie unterschiedlichen Entwicklungsphasen der Person entsprechen z.B. das<br />
“jüngere Selbst” oder ein junger Teil, der nach Verwirklichung strebte und dem<br />
heutige Ressourcen und Erfahrungen nicht zur Verfügung stehen.<br />
Das Teilekonzept ist eine therapeutische Realitätskonstruktion des NLP, wird<br />
aber oft von Klienten spontan als Beschreibung ihrer inneren Wirklichkeit<br />
angeboten. Es erlaubt, richtig utilisiert, festgefahrene Strukturen einer<br />
Dynamisierung zuzuführen und innere Konflikte und Ambivalenzen in eine<br />
handhabbare, kreative und flexible Struktur zu bringen. Viele NLP-Modelle setzen<br />
das Vorhandensein innerer Teile voraus, wie z.B. die Reframing-Techniken<br />
(3.4.3.7). Das Konzept findet im Konfliktmanagement, in der Arbeit mit Gruppen,<br />
aber auch in der Therapie der Neurosen und zahlreicher psychischer Störungen<br />
Anwendung. Das Teilekonzept kann zur Beschreibung der Struktur verschiedener<br />
Krankheiten wie z.B. der manisch-depressiven Erkrankung, der Borderlinestörung<br />
oder der Multiplen Persönlichkeit oder bei psychotischen Störungen<br />
herangezogen werden und von Nutzen sein.<br />
© Schütz, Schneider-Sommer, Gross, Jelem 1999<br />
Theorie und Praxis Neuro-Linguistischer Psychotherapie Seite 62/143