Freundesbrief 2011 - Hospizbewegung Ratingen
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um zu begreifen. Ich lud unsere<br />
Freunde und Verwandten<br />
ein, Abschied zu nehmen,<br />
meinen Mann noch einmal<br />
zu sehen. Manche taten es<br />
stumm, andere sprachen mit<br />
mir ein Gebet oder einen<br />
Segen, wir sangen ein Lied<br />
zusammen, das uns wichtig<br />
war, und das ganze Zimmer<br />
war ein Blumenmeer von<br />
mitgebrachten Blumen<br />
und Sträußen.<br />
Es duftete und blühte wie<br />
eine Verheißung, dass der<br />
Tod nicht alles war und dass<br />
Leben möglich war trotz und<br />
in aller Trauer. Zwei Tage<br />
hatten wir ihn noch daheim,<br />
mitten unter uns und doch<br />
schon weit weg.<br />
Mir war es wichtig, die<br />
Trauerrede für meinen Mann<br />
selbst zu halten. Ich wollte<br />
sein Leben unter uns noch<br />
einmal beschreiben und ihm<br />
danken und Adieu (à dieu –<br />
zu Gott) sagen. Das war mir<br />
wichtiger als die Beisetzung.<br />
Das war mein Abschied von<br />
ihm.<br />
Viele Rituale sind in der<br />
Trauer möglich. Jemand hat<br />
das Bild des Verstorbenen<br />
auf seinem Esstisch stehen,<br />
wo er es immer sieht. Bei uns<br />
hängt ein Foto meines Mannes,<br />
das bei seiner Beerdigung<br />
in der Kapelle stand,<br />
über der Essecke in unserer<br />
Wohnküche. Ein Symbol<br />
dafür, dass er bei uns ist und<br />
unser Leben teilt. Ein anderer<br />
zündet ab und zu eine Kerze<br />
vor dem Bild des Verstorbenen<br />
an. Für wiederum einen<br />
anderen Menschen ist der<br />
tägliche Gang zum Friedhof<br />
ein Symbol der Verbundenheit<br />
und auch eine Möglichkeit,<br />
sich der Unumstößlichkeit<br />
des Todes, die man zuerst<br />
gar nicht begreifen kann,<br />
zu vergewissern.<br />
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