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Stalin

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186<br />

komm zurück zu Deinem alten spiritual, sei wie der verlorene sohn, der den heimweg findet!<br />

IV. AKT, 14. BILD; 9. szene<br />

(das bühnenlicht gehtaus, um nach einer weile wieder anzugehen, gedämpft, wie bei einer totenfeier.<br />

Johannes und der rektor stehen nebeneinander am fenster, stehen da wie im zweikampf, der<br />

sich in <strong>Stalin</strong> abspielt.)<br />

REKTOR: wer von uns beiden gewinnt die oberhand in und über Josef <strong>Stalin</strong>? pah, Du scheinst<br />

tatsächlich der stärkere. welche schande, könntest ausgerechnet Du Dich durchsetzen als des<br />

Josef <strong>Stalin</strong>s eigenes selbst. schausich mal einer an, wie tiefbetrübt der zur beerdigung seiner<br />

Nadja geht<br />

JOHANNES: wirklich so als trage er mit seiner ehefrau sein besseres selbst zu grabe - und bereue<br />

vor dem offenen grabe da. er muss sie im innersten seines herzens geliebt haben. ( hörbar wird<br />

dumpfer trommelwirbel, grabgeläute, verhaltenes murmeln usw.)<br />

REKTOR: wie er daherkommt, der Josef <strong>Stalin</strong>, sichinsbildzusetzen!<br />

JOHANNES: er geht nicht, nein, er wankt zur beerdigung<br />

REKTOR: und widerlegt mit dieser seiner gestalt die legende, er, <strong>Stalin</strong> selber, hätte seiner Nadja<br />

das leben genommen.<br />

JOHANNES: er tats, und tats doch nicht.<br />

REKTOR: das will ich wohl meinen: er nicht.<br />

JOHANNES: er wars, aber er war nicht er. er wollte es, und wollte es doch wiederum nicht.<br />

REKTOR: willst wohl anspielen auf die berühmt-berüchtigten beiden seelen in des menschen<br />

herz?<br />

JOHANNES: die ineinem gleichnis sind für engel und teufel, die um unsere seele kämpfen, damit<br />

sie selig oder unselig werde.<br />

REKTOR: pah, die überholte legende: der mensch zwischen Gott und teufel<br />

JOHANNES: die uralte, immer ursprünglich jugendliche wahrheit: der mensch zwischen engel und<br />

teufel mit seiner freiheit vor Gott und den menschen.<br />

REKTOR: genauso wie die Nadja trug <strong>Stalin</strong> Lenin und Kirow zu grabe.<br />

JOHANNES: seinen feind - als wär's sein bester freund. jetzt die gattin, die als beste freundin<br />

feindlich ihm wurde, die er nun wieder als freundliche gattin lieben will.<br />

REKTOR: alle welt soll es sehen, <strong>Stalin</strong>s trauer ist ungeheuchelt<br />

JOHANNES: daher wir vermeinen könnten, er heuchle nicht. heuchelnzukönnen, man heuchle<br />

nicht - das grenzt an teufelei.<br />

REKTOR: o, wie leichtsinnig Josef <strong>Stalin</strong> ist. wider seine gewohnheit. zu unser aller überraschung<br />

bestand er darauf, dem sarg bis zum grab zu folgen. er insistirte, die 5 km vom Kreml zum friedhof<br />

zufuss zurückzulegen, nicht in einem kugelsicheren auto.<br />

JOHANNES: er setzt sein leben ein für die, die das leben verlor - sein besseres selbst, möge es<br />

sich vollendet durchsetzen.<br />

REKTOR (hämisch auflachend) tumbetor, schau genau hin. die sicherheitsmassnahmen lassen

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