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TROTZKI: aber bitte doch - kristliche demut<br />
JOHANNES: ist eben kein produkt minderwertigen ressentiments, sooft sich dieses auch damit<br />
teuflisch geschickt zu tarnen versteht. auf die innere gesinnung kommts jeweils an. ist die echt, fällt<br />
die entscheidung recht.<br />
TROTZKI: und ich stehe da als machtbesessen<br />
JOHANNES: hochgemutheit ist demütig genug, solch äusseren schein gegen sich sprechen- und<br />
sich verleumdenzulassen, weil demut hochgemut genug, um der wahrheit willen sichdurchzusetzen.<br />
hauptsache, wir können vor Gottes unbestechlichem richterblick bestehen.<br />
TROTZKI: da, das telefon! (nimmt den hörer) hir Trotzki - wer da? - ach ja, büro Lenin. ob ich die<br />
georgische angelegenheit zu übernehmen gedächte? bedauere, das ist mir im augenblick nicht<br />
möglich. später. es ist schon nie zuspät. auf den rechten augenblick kommt's an. der eben ist jetzt<br />
nicht gekommen, bald, jetzt noch nicht, keine vorschnelle naherwartung bitte! was wir genossen<br />
Lenin sagen sollen? ganz schlicht der grund: mein angeschlagener gesundheitszustand - nicht der<br />
Lenins, mein eigener - also dabei bleibt's: meine schlechte gesundheit verbietet mir derzeit ein<br />
solches engagement. auf wiederhören! (legt den hörer ein)<br />
JOHANNES: flüchten wir uns in die krankheit, können wir darüber tatsächlich krank werden,<br />
sterbenskrank sogar.<br />
TROTZKI: wie bitte?<br />
JOHANNES: ich meinte nur so.<br />
TROTZKI: ach so<br />
JOHANNES: 'ach!', was alles kann in diesem schlichten ausruf liegen!<br />
TROTZKI: Er selber sagte 'ach' jetzt eben, betonter als ich es sagte<br />
JOHANNES: ach ja - jedesmal sag ich's, wenn möglichkeiten zur entscheidung von uns scheiden,<br />
solche im kleinen, solche im grossen. ach, ach, ach!<br />
TROTZKI: genug der 'acherei'! sehen Sie es bitte nicht als flucht an, als ausflucht, aber mich rufen<br />
geschäfte, die keinen aufschub dulden - und dabei bin ich gesundheitsmähsig nicht einmal so<br />
richtig auf dem damm. (geht ab)<br />
JOHANNES: Gott befohlen - das allerdings ist dringend zu empfehlen, ach ja.<br />
III. A K T, 11. BILD, 13. szene<br />
NADJA: die ereignisse nehmen ihren gang<br />
STALIN: und genosse Lenin kann nichts mehr ingangbringen.<br />
JOHANNES: die zeit, in der er wirken konnte, ist vorbei - neigtesich bereits in der endzeit seines<br />
lebens der wirkungslosigkeit entgegen.<br />
NADJA: obwohl er bis zuletzt voll bei bewusstsein war<br />
JOHANNES: und hoffentlich noch vor seinem sterben gelegenheit nahm, sich auf den Schöpfer<br />
auszurichten, betend ins jenseits zu wechseln.<br />
NADJA: er glaubte nicht an den tod als übergang zum eigentlichen, weil zum ewigen leben.<br />
STALIN: das in der tat hienieden zu suchen und auch zu finden ist, daher wir verpflichtet sind,