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NADJA: pah, ein edler geistlicher mit so unedlen todeswünschen?! ich sage nocheinmal: wenn ers<br />
jetzt nur übersteht.<br />
JOHANNES: und ich wiederhole: hoffen wir das beste<br />
NADJA: ja. Josef war der einzige, der von vier geschwistern überlebte - um nun doch vorzeitig sein<br />
leben lassenzumüssen? wie schlimm, wenn Josef stürbe. ich würde die welt nicht mehr verstehen,<br />
Gott erst recht nicht.<br />
JOHANNES: wenn wir die welt nur bedingt verstehen, wie wenig erst den unbedingten Gott?!<br />
NADJA: welch ein verlust wär's für die welt! Gott kann das nicht zulassen.<br />
JOHANNES: und wenn er's zuliesse<br />
NADJA: dann würde ich persönlich endgültig an Gott verzweifeln.<br />
JOHANNES: das wäre das törichste, was wir tun könnten. Josef, wäre er im jenseits, wäre alsdann<br />
nicht so töricht, bestimmt nicht.<br />
NADJA: jenseits? daran glaubt Josef doch nicht.<br />
JOHANNES: töricht genug. würde ich an sein sterbebett gerufen, ich wüsste, was als seelsorger<br />
meine heilige pflicht.<br />
NADJA: da - auf dem flur tutsich was! man ruft. (sie eilt zur tür) beten Sie, damit Sie kein totenamt<br />
für Josef <strong>Stalin</strong> zelebriren müssen. - ah!<br />
STIMME VON DRAUSSEN: es könnte alles gut gehen. täuschen wir uns nicht, überstand Josef<br />
<strong>Stalin</strong> den kritischen punkt. doch noch sind wir nicht ganz über den berg.<br />
NADJA: o, es gibt doch einen gütigen Gott!<br />
JOHANNES: Gott schenkt uns unsere freiheit - und ist keineswegs immer bereit, sie uns vorzeitig<br />
zu versagen.<br />
NADJA: ja, Gott ist gütig<br />
JOHANNES: daher er unserer freiheit immer wieder winke zukommenlässt; es ist nicht mehr als<br />
recht und billig, sie zu beherzigen, solange dazu zeit und raum gegeben.<br />
NADJA: guter Pope, Du sprichst mit Kommunisten, spielst dabei deren kristliches, deren besseres<br />
selbst. aber so leicht lassen wir uns nicht abspeisen. schliesslich sind wir zum kampf angetreten<br />
gegen die ungerechte verteilung des eigentums in der welt. warum lässt Gott die einen<br />
steinreichsein, die anderen bettelarmbleiben?<br />
JOHANNES: der Herr hat es klar und deutlich genug gesagt: der reiche prasser endet in der armseligen<br />
hölle, um dort nicht müdezuwerden mit seiner anfrage, warum war ich auf erden nicht<br />
elend wie der arme Lazarus, der nun für alle ewigkeit in der seligkeit des himmels ist. wie ist es<br />
bestellt mit Gottes gerechtigkeit, die mich soviel verführungen mehr aussetzte als Lazarus, daher<br />
ich denn auch prompt mein ewiges heil verspielte.<br />
NADJA (auflachend): o, dann erweisen wir den reichen ja einen gefallen, wenn wir sie enteignen<br />
JOHANNES: und euch führenden Kommunisten den grössten, wenn Ihr euch selber jetzt nicht<br />
schamlos bereichert. doch da bin ich skeptisch<br />
NADJA: o, wer an die kwelle zu sitzen kommt, bereichertsich, als sei's die selbstverständlichste