DIE GOTTESFRAGE HEUTE - von Prof. Dr. Joseph Schumacher
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ein Zeitgenosse Siegmunds, spricht <strong>von</strong> einer „dichte[n] Nebel-decke des Atheismus”, die „über<br />
dem intellektuellen und geistlichen Leben Westeuropas” 28 liege, <strong>von</strong> einem „atheistischen<br />
Klima”, das unsere Zeit erfülle, an dem der Christ nicht vorbeisehen dürfe, das er vielmehr<br />
„unsentimental zur Kenntnis nehmen” 29 müsse.<br />
Romano Guardini (+ 1968) setzt sich in seinem Büchlein „Das Ende der Neuzeit” - zum ersten<br />
Mal ist es im Jahre 1950 erschienen - mit dem Verlust des religiösen Bewusstseins auseinander<br />
und bezeichnet ihn als das Signum der Gegenwart. Dabei stellt er fest, das ungebrochene theistische<br />
Bewusstsein des Mittelalters habe im Laufe der Neuzeit mehr und mehr abgenommen und<br />
das Leben sei allmählich säkularisiert worden, dieser Prozess aber setze sich weiter fort. Dabei<br />
träten an die Stelle der Religion immer mehr die Naturwissenschaften und die Technik. Dadurch<br />
verlören die entscheidenden Geschehnisse des menschlichen Lebens ihren Geheimnischarakter,<br />
jene entscheidenden Geschehnisse, die früher eine besondere religiöse Relevanz gehabt hätten,<br />
nämlich Geburt, Krankheit und Tod, sofern sie mehr und mehr zu biologisch-sozialen Vorgängen<br />
würden, mit denen es lediglich die medizinische Wissenschaft und die Technik zu tun habe. Er<br />
meint, soweit solche Vorgänge vom Menschen nicht gemeistert werden könnten, würden sie<br />
verdrängt. Zwar würden diese entscheidenden Geschehnisse des menschlichen Lebens, Geburt,<br />
Krankheit und Tod, diese und andere Grenzsituationen, eine Zeitlang noch in Zusammenhang<br />
gebracht mit der Religion, man bedürfe der Religion, um diese Situationen zu bestehen und zu<br />
bewältigen, aber möglicherweise nicht mehr allzu lange. Diese Prognose hat sich heute, ein<br />
halbes Jahrhundert später, weithin erfüllt. Heute geht es weithin nicht mehr um Gott, wenn man<br />
sich so der Religion oder religiöser Riten bedient, sondern um einen unartikulierbaren Trost oder<br />
einfach um eine gewisse Rechtfertigung vor der Gesellschaft, vor der man nicht als völlig<br />
areligiös gelten will. Denn Areligiosität gilt - merkwürdigerweise - auch heute trotz allem noch in<br />
gewisser Weise disqualifizierend, wenn sie auf den Begriff gebracht wird. So rechtfertigt man<br />
sich beispielsweise gern, wenn man darauf angesprochen wird, dass man den Sonntagsgottes-<br />
Jacques de Bivort de la Saudée, Johannes Hüttenbügel, Köln/Graz 1963, 5. Siegmund hat das immer noch sehr<br />
informative Buch geschrieben „Der Kampf um Gott”. Der Untertitel diese Buches lautet „Zugleich eine Geschichte<br />
des Atheismus”. Das Buch ist in 3. Auflage im Jahre 1976 (in Buxheim im Allgäu) erschienen.<br />
28<br />
Hanns Lilje, Atheismus - Humanismus - Christentum. Der Kampf um das Menschentum unserer<br />
Zeit, Hamburg 1962, 27.