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DIE GOTTESFRAGE HEUTE - von Prof. Dr. Joseph Schumacher

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„Wo immer die Philosophen <strong>von</strong> Gott gesprochen haben, setzten sie voraus, dass der Gott der<br />

Religion ... und der Gott der Philosophie identisch sind, die Philosophie hat nie bezweifelt, dass<br />

Philosophie und Glaube dasselbe meinen, wenn sie >Gott= sagen, auch wenn sie nicht dasselbe<br />

über ihn sagen“ 81 . So betont der Philosoph Robert Spaemann in seinem Beitrag zu dem<br />

Sammelband „Wer ist das eigentlich - Gott?“ <strong>von</strong> Hans Jürgen Schultz im Jahre 1969.<br />

Die Skepsis des Protestantismus gegenüber der natürlichen Gotteslehre ist nicht ohne Einfluss<br />

auf die katholische Theologie geblieben. Die protestantische Theologie hat in der Bejahung der<br />

natürlichen Theologie immer wieder einen latenten Rationalismus erkennen wollen. Sie hat darin<br />

ein offenbarungswidriges Vertrauen auf die menschliche Vernunft gesehen, die ja, wie sie sagt,<br />

durch die Ursünde in ihrem tiefsten Wesen zerstört ist. Andererseits sah sie in der natürlichen<br />

Theologie immer eine Vermengung des offenbarungsfremden Hellenismus mit dem reinen<br />

Offenbarungswort des Alten und des Neuen Testamentes. Heute gilt die Skepsis gegenüber der<br />

philosophischen Theologie häufig auch für die katholische Theologie. Letztlich geht sie hervor<br />

aus einem verborgenen oder offenen Fideismus, der sich mehr und mehr auch des katholischen<br />

Denkens bemächtigt, oder sie führt hin zum Fideismus.<br />

Die entscheidende Wurzel der Skepsis gegenüber der natürlichen Gotteserkenntnis ist die Skepsis<br />

gegenüber der Vernunft, wie sie uns seit der Reformation begegnet, wenn man hier da<strong>von</strong><br />

ausgeht, dass der Intellekt und der Wille des Menschen nicht nur verwundet wurden durch die<br />

Ursünde, sondern in ihrer Natur zerstört wurden. Erinnert sei hier an die Schrift Luthers „Über<br />

den unfreien Willen“ - “De servo arbitrio“. Der reformatorischen Lehre <strong>von</strong> der Ursünde und<br />

ihren Folgen setzt das Konzil <strong>von</strong> Trient das „vulneratus in naturalibus“ als die überkommene<br />

Lehre der Mutterkirche entgegen: Die Natur des Menschen wurde nicht zerstört durch die Ursünde,<br />

wohl aber wurde sie geschwächt oder verwundet. Geschwächt oder verwundet wurde der<br />

Intellekt, geschwächt oder verwundet wurde aber auch der Wille.<br />

Weil wir nicht die Skepsis der Reformatoren gegenüber der Vernunft und ihrer Erkenntniskraft<br />

81 Hans Jürgen Schultz, Hrsg., Wer ist das eigentlich - Gott?, München 1969, 56 (Robert Spae-mann,<br />

Gesichtpunkte der Philosophie).

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