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DIE GOTTESFRAGE HEUTE - von Prof. Dr. Joseph Schumacher

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Von einer Reihe <strong>von</strong> Theologen der Scholastik wird diese Frage bejaht mit der Begründung, dass<br />

im einen Fall die natürliche Einsicht der Grund für die Bejahung dieser Wirklichkeit sei, im<br />

anderen die göttliche Offenbarung. Diese Meinung wird etwa vertreten <strong>von</strong> Alexander <strong>von</strong> Hales<br />

(+ 1245), <strong>von</strong> Bonaventura (+ 1274) und <strong>von</strong> Albertus Magnus (+ 1280) sowie auch <strong>von</strong> einigen<br />

späteren Theologen, wie etwa Franz Suarez (+ 1617). Man sagt hier, natürliches Erkennen und<br />

übernatürliches Erkennen, also Wissen und Glauben gehörten verschiedenen Seinsordnungen an,<br />

das Erkennen gehöre der Naturordnung an, der Glaube aber der Gnadenordnung. Anders ausgedrückt:<br />

Man weist hier darauf hin, dass bei der natürlichen Gotteserkenntnis und bei der<br />

übernatürlichen Gotteserkenntnis, beim Gottesglauben, jeweils das Formalobjekt verschieden sei.<br />

Dagegen steht die Meinung des Thomas <strong>von</strong> Aquin (+ 1274). Er hält die natürliche Gotteserkenntnis<br />

und die übernatürliche Gotteserkenntnis, den Gottesglauben, für nicht vereinbar miteinander.<br />

In seiner Summa Theologiae erklärt er, es sei unmöglich, dass dieselbe Wahrheit <strong>von</strong><br />

derselben Person gleichzeitig gewusst und geglaubt werde: „Impossibile est, quod ab eodem<br />

idem sit scitum et creditum“ 77 . Das begründet er damit, dass die mit dem Wissen verbundene<br />

klare Einsicht in die Wahrheit nicht zusammen bestehen kann mit dem Dunkel des Glaubens.<br />

Wohl aber hält er es für möglich, dass dieselbe Wahrheit <strong>von</strong> einer Person gewusst, <strong>von</strong> einer<br />

anderen hingegen geglaubt werde. Ebenso hält er es für möglich, dass ein und derselbe Mensch<br />

ein natürliches Wissen vom Dasein Gottes hat, sofern er der Urheber der natürlichen Ordnung ist,<br />

und dass er einen übernatürlichen Glauben an das Dasein Gottes hat, sofern Gott der Urheber der<br />

übernatürlichen Ordnung ist, denn, so sagt er, der übernatürliche Glaube schließe Wahrheiten ein,<br />

die im natürlichen Wissen nicht enthalten seien. Thomas rekurriert hier also nicht auf die<br />

Verschiedenheit des Formalobjektes, diese Auffassung lässt er nicht gelten, sondern auf die<br />

Verschiedenheit des Materialobjektes. Unter diesem Gesichtspunkt und nur unter diesem<br />

Gesichtspunkt lässt er Gottesglauben und Gotteserkenntnis als miteinander vereinbar gelten 78 .<br />

Was die Vereinbarkeit <strong>von</strong> Gottesglauben und <strong>von</strong> natürlicher Gotteserkenntnis angeht, ist die<br />

Position des Thomas <strong>von</strong> Aquin überzeugender, also jene Position, die nicht auf die Verschieden-<br />

77 Thomas <strong>von</strong> Aquin, Summa Theologiae II/II, q. 1, a.5.<br />

78 Ebd., II/II, q. 1, a.7.

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