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DIE GOTTESFRAGE HEUTE - von Prof. Dr. Joseph Schumacher

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historischen Konstellationen. Überall stößt man beim Studium der Geschichte auf Religion. Der<br />

englische Historiker und Freund Döllingers, Lord Acton (+ 1902), hat das vielzitierte Wort<br />

geprägt: „Religion ist der Schlüssel zur Geschichte“. Innerhalb der Geschichte gehört die<br />

Religion zu den wichtigsten Motiven auch des politisch handelnden Menschen. Die Religion ist<br />

geschichtsmächtig. Das gilt programmatisch. „Die Geschichte in ihrem gesamten Ablauf wäre<br />

unverständlich, wenn man die Religion dabei unbeachtet ließe. Daher gibt es keine geschichtliche<br />

Darstellung, vom Schulbuch angefangen bis zur wissenschaftlichen Abhandlung, in der nicht<br />

auch <strong>von</strong> (der) Religion die Rede wäre” 64 .<br />

Die Kirchenväter sprechen vielfach <strong>von</strong> einem angeborenen oder unmittelbaren Gottesbewusstsein<br />

des Menschen. Sie deuten damit das Faktum, dass sich der Gottesgedanke gewissermassen<br />

aufdrängt und die Religion zur menschlichen Natur dazugehört. Dieses Gottesbewusstsein, das<br />

dem Menschen wie angeboren erscheint, nennen die Kirchenväter „ϑεoδιδακτός”. In den<br />

Apostolischen Konstitutionen, entstanden Ende des 4. Jahrhunderts, heißt es im achten Buch:<br />

„Du hast dem Menschen ein angeborenes Gesetz (vόµov έµnυτόv) gegeben, damit er <strong>von</strong> Haus<br />

aus und in sich selbst den Samen der Gotteserkenntnis habe“ 65 . Das achte Buch ist übrigens der<br />

wertvollste Teil des ganzen Werkes.<br />

Streng genommen gibt es kein unmittelbares Gotterkennen, aber das mittelbare Gotteserkennen<br />

ist so spontan, dass man dabei an ein unmittelbares Gotterkennen denken kann. Darauf heben die<br />

Kirchenväter ab. Sie wollen sagen, dass der Gedanke an Gott am Anfang unseres Lebens steht,<br />

dass der Gedanke an ein höchstes Wesen im Menschengeist natürlich ist und dass er sich<br />

zugleich mit dem erwachenden Bewusstsein des Menschen einstellt 66 .<br />

Ein unmittelbares Gotterkennen gibt es nicht, weil der Mensch nur einen mittelbaren Zugang zu<br />

Gott hat. So betont es auch das Dogma der Kirche. Es gibt nur ein mittelbares Gotterkennen.<br />

Trier 1968, 5.<br />

64 Hugo Staudinger, Gott: Fehlanzeige? Überlegungen eines Historikers zu Grenzfragen seiner Wissenschaft,<br />

65 Apostolische Konstitutionen VIII, 12.<br />

66 Franz Hettinger, Apologie des Christentums I, 1, Freiburg 1875, 112 - 114.

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