24.11.2013 Aufrufe

DIE GOTTESFRAGE HEUTE - von Prof. Dr. Joseph Schumacher

DIE GOTTESFRAGE HEUTE - von Prof. Dr. Joseph Schumacher

DIE GOTTESFRAGE HEUTE - von Prof. Dr. Joseph Schumacher

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

40<br />

Aber weil dieses spontan ist und sich mühelos einstellt, deshalb konnte der Gedanke aufkommen,<br />

es gebe eine unmittelbare Gotteserkenntnis.<br />

Wenn der Kirchenschriftsteller Tertullian (+ um 220) meint, die Seele sei natürlicherweise<br />

christlich („anima naturaliter christiana“) 67 , so meint er wohl „religiosa“, er will damit also<br />

sagen, dass die Religion zum Menschen dazugehört und spricht damit jenen Tatbestand an, den<br />

Augustinus (+ 430) meint, wenn er sagt, die Unruhe nach Gott sei aus dem Menschen nicht<br />

auszurotten 68 .<br />

Die Natürlichkeit der Religion und des Gottesgedankens für den Menschen betont auch Thomas<br />

<strong>von</strong> Aquin (+ 1274), wenn er feststellt: „Illud est ultimum cognitionis humanae de Deo quod<br />

sciat se Deum nescire“ – „Das ist das Letzte im Erkennen des Menschen über Gott, dass er die<br />

Meinung haben könnte, er wisse nicht um ihn“ 69 . Er stellt fest: Alle Menschen streben <strong>von</strong> Natur<br />

aus nach dem Vollkommenen, damit streben sie letztlich, wenn auch nicht ausdrücklich, so doch<br />

einschlussweise, nach Gott 70 .<br />

Auf seine Weise drückt diesen Gedanken der Schriftsteller Franz Kafka - er lebt <strong>von</strong> 1893-1924<br />

- aus, wenn er in seinen Tagebüchern schreibt: „Der Mensch kann nicht leben ohne ein dauerndes<br />

Vertrauen zu etwas Unzerstörbarem in sich, wobei sowohl das Unzerstörbare als auch das<br />

Vertrauen ihm dauernd verborgen bleiben können. Eine der Ausdrucksmöglichkeiten dieses<br />

Verborgenbleibens ist der Glaube an einen persönlichen Gott” 71 .<br />

Dem Gottesgedanken und der Gottesrealität kommt eine gewisse Selbstverständlichkeit zu. Die<br />

Religion ist ein Wesensmoment des Menschen. Man kann die Selbstverständlichkeit des Gottes-<br />

67 Tertullian: Apologeticum, c. XVI.<br />

68 Augustinus: Confessiones , lib. 1, c. 1.<br />

69 Thomas <strong>von</strong> Aquin, Quaestiones disputatae de potentia, q. 7, a. 5 ad 14.<br />

70 Ders., Quaestiones disputatae de veritate, q. 22, a. 2 c.<br />

71 Wilhelm Grenzmann, Die Erfahrung Gottes in der Dichtung der Gegenwart (Religiöse Quellenschriften,<br />

Hrsg. <strong>von</strong> J. Walterscheid und H. Stotz, 6), Düsseldorf 1955, 10.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!