DIE GOTTESFRAGE HEUTE - von Prof. Dr. Joseph Schumacher
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gensatz, den zwischen Schöpfer und Geschöpf, vom Geschöpf her überbrücken zu wollen ... “.<br />
Von daher gesehen haben die Vertreter der Dialektischen Theologie immer wieder betont, das<br />
Christentum sei nicht mit der Kategorie der Religion zu belegen. Alle Religionen seien Menschenwerk,<br />
allein das Christentum sei Gottes Werk. Deswegen dürfe, könne man das Christentum<br />
nicht als Religion verstehen. Die Religionen könnten dem Menschen keinen Zugang zu Gott<br />
eröffnen, das könne allein die Offenbarung 98 . Es ist eine Grundposition der Dialektischen Theologie,<br />
dass es absolut verfehlt ist, das Christentum als Religion zu bezeichnen. Das Christentum<br />
ist in diesem Verständnis nicht als Religion zu bezeichnen, sondern als Offenbarung. Damit will<br />
man darauf aufmerksam machen, dass die Religionen <strong>von</strong> den Menschen gemacht sind, das<br />
Christentum hingegen Gott zum Urheber hat.<br />
Um diese Position halten zu können, ist Karl Barth bemüht zu beweisen, dass Paulus das Gegenteil<br />
<strong>von</strong> dem gemeint hat, was er Röm 1,19 f geschrieben hat. Die ersten beiden Kapitel des<br />
Römerbriefes sind die Magna Charta der natürlichen Gotteserkenntnis. An der Stelle Röm 1, 19<br />
stellt Paulus fest, man könne Gott aus der Schöpfung erkennen. Diese Stelle interpretierend,<br />
erklärt Barth indessen, Paulus schreibe, dass man Gott nicht aus der Schöpfung erkennen könne,<br />
obwohl doch offenkundig das Gegenteil der Fall ist. Der evangelische Theologe Gollwitzer (+<br />
1993) schreibt im Hinblick auf diese Stelle immerhin noch, Gottes Existenz sei nicht beweisbar<br />
„trotz seines Bezeugtwerdens durch seine Schöpfungswerke“ 99 gemäß Röm 1, 19. Aber wenn<br />
Gott durch seine Schöpfungswerke bezeugt wird - so sollte man meinen -, dann können wir ihn<br />
doch auch aus diesen seinen Werken erschließen und in ihnen erkennen. Was anderes aber sollte<br />
der Gottesbeweis meinen, wenn er nicht die Erkenntnisgründe aus dieser Bezeugung herausheben<br />
will?<br />
Rudolf Bultmann charakterisiert die Position der Dialektischen Theologie verständlich und einprägsam,<br />
wenn er sagt: „Der Mensch, der an Gott ... glauben will, muss wissen, dass er nichts in<br />
der Hand hat, woraufhin er glauben könnte, und dass er gleichsam in die Luft gestellt ist und<br />
98 Max <strong>von</strong> Rast, Welt und Gott. Philosophische Gotteslehre, Freiburg 1952, 6.<br />
99 Helmut Gollwitzer, Gottes Existenz im Bekenntnis des Glaubens, München 4 1964, 194.