24.11.2013 Aufrufe

DIE GOTTESFRAGE HEUTE - von Prof. Dr. Joseph Schumacher

DIE GOTTESFRAGE HEUTE - von Prof. Dr. Joseph Schumacher

DIE GOTTESFRAGE HEUTE - von Prof. Dr. Joseph Schumacher

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

79<br />

Gnade nur durch innerweltliche Vorgänge, die der Gläubige als übernatürliche Wirkungen erkennt<br />

oder auf die Gegenwart der Gnade zurückführt, wenn er das auch nicht ohne Grund tut.<br />

Diese Erkenntnis ist dem Ungläubigen jedoch verschlossen, er erklärt die Wirkungen des<br />

Übernatürlichen als rein natürliche Vorgänge.<br />

Daraus folgt: Die Begriffe „Glaubenserfahrungen“ oder „Gotteserfahrung“ sollten mit Vorsicht<br />

verwendet werden. Sofern man bei Erfahrungen an den unmittelbaren Kontakt mit der Wirklichkeit<br />

denkt, kann in der Gotteserkenntnis keine Rede sein <strong>von</strong> Erfahrung, weder bei der natürlichen<br />

noch bei der übernatürlichen Gotteserkenntnis. Das Jenseits erreicht der Mensch nur durch<br />

ein Schlussverfahren auf der Grundlage des Kausalprinzips und der selbstverständlichen<br />

Voraussetzung, dass es sich dabei um ein Seinsgestz handelt, nicht nur um ein Denkgesetz, das<br />

heißt: unter der selbstverständlichen Voraussetzung, dass es sich dabei um ein Gesetz handelt,<br />

dessen Gültigkeit nicht nur <strong>von</strong> physischer, sondern auch <strong>von</strong> metaphysischer Qualität ist. Man<br />

erreicht das Jenseits entweder durch das Denken in einem einfachen Schlussverfahren - das ist<br />

der eine Weg -, oder man erreicht das Jenseits durch einen Glaubensakt, das heißt durch die vernünftige<br />

Antwort auf die Offenbarung Gottes - das ist der andere Weg. Wenn ich sage<br />

„vernünftige Antwort“, bedeutet das, dass auch der Glaubensakt auf einem rationalen Erkenntnisakt<br />

aufruht: Der Glaubensakt muss vor der Vernunft gerechtfertigt sein. Das ist auch bei der Rede<br />

<strong>von</strong> Glaubenserfahrungen, oder allgemeiner: bei der Rede <strong>von</strong> religiösen Erfahrungen, zu beachten.<br />

Spricht man unreflektiert und undifferenziert <strong>von</strong> Glaubenserfahrung und Gotteserfahrung, führt<br />

das konkret zu einer Naturalisierung und <strong>von</strong> daher zu einer Relativierung des Christentums.<br />

Man übersieht dann oder vergisst dann, dass die göttliche Offenbarung, um die es ja im Christentum<br />

geht, die menschliche Erfahrung wesenhaft übersteigt, dass es im christlichen Glauben um<br />

unsichtbare Wirklichkeiten geht, um Wirklichkeiten, die sich qualitativ totaliter <strong>von</strong> denen unserer<br />

Erfahrungswelt unterscheiden, dass sie nicht unserer immanenten Welt angehören. Die Offenbarung<br />

fordert vom Menschen einen Glauben an unsichtbare Wirklichkeiten, an welttranszendente<br />

Realitäten, die - schon per definitionem - nicht der Erfahrung zugänglich sind, und sie erhebt<br />

ihn in die Sphäre des Übernatürlichen.<br />

Abschnittswechsel (Fortlaufend)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!