DIE GOTTESFRAGE HEUTE - von Prof. Dr. Joseph Schumacher
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persönliche Verhalten, ist unbequem 105 . Es ist verständlich, dass ihr viele zu entfliehen versuchen.<br />
Der unbegreifliche Gott der Mystik ist eher populär, weil er unbestimmt ist und ohne Konturen,<br />
weil uns irrationale Gefühle und Erlebnisse beeindrucken, vielleicht auch erfreuen und trösten,<br />
jedoch zu nichts verpflichten, zunächst jedenfalls, es sei denn, man geht den klassischen Weg der<br />
Mystik. Ein unbestimmter und konturloser Gott ist unverbindlich. Er fordert den Menschen nicht<br />
ethisch und religiös und nimmt ihm nicht seine Autonomie.<br />
Immer ist es so, dass eine religiöse Wahrheit, die man erkennen kann, die verpflichtend ist für<br />
das Leben und für das persönliche Verhalten, unbequem ist. Es ist daher verständlich, wenn sich<br />
ihr viele zu entziehen versuchen.<br />
Dagegen steht jedoch die einfache Sprache der Offenbarung, die in klaren Begriffen über Gott<br />
spricht, ohne ihn anthropomorph auf die Ebene dieser Welt herabzuziehen, und die klare religiöse<br />
Wahrheiten ausspricht.<br />
Schon die Vernunft sagt uns indessen, dass ein Gott, der als ein verschwommener Weltgrund<br />
verstanden wird, der gar mit der Welt zusammenfällt oder der als eine nebelhafte Weltseele<br />
konzipiert wird, auf die man alles Geschehen irgendwie zurückführen kann, im Grunde nur ein<br />
Scheingott ist. Denn wenn Gott existiert, muss er zumindest die Vollkommenheiten haben, die<br />
der Mensch hat, nämlich einen Intellekt und Selbstbewusstsein sowie einen freien Willen.<br />
Nun noch ein Wort zum Begriff der Erfahrung im Zusammenhang mit der Gottesfrage: Man<br />
spricht heute gern und viel <strong>von</strong> Gotteserfahrung oder - allgemeiner - <strong>von</strong> religiöser Erfahrung.<br />
Eine solche Terminologie ist missverständlich, zumindest, denn bei Erfahrung denken wir<br />
zunächst an den unmittelbaren, sinnenhaften Kontakt mit der Wirklichkeit. In diesem Sinne gibt<br />
es keine Erfahrung im Hinblick auf die Transzendenz. Was wir <strong>von</strong> der Transzendenz erfahren<br />
105 Vgl. Eduard Stakemeier, Göttliche Wahrheit und Irren des Menschen. Kleine Apologie des katholischen<br />
Glaubens, Paderborn 1948, passim.