Magazin 198004
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Verletzten zu tun. Das Einzelschicksal<br />
muß zurückstehen gegenüber dem Gesetz,<br />
eine möglichst große Anzahl von<br />
Menschenleben zu retten. In der Schweiz<br />
werden schon Medizinstudenten während<br />
ihrer Studienzeit durch entsprechende<br />
Spezialkurse mit diesen Problemen vertraut<br />
gemacht. Es wäre begrüßenswert,<br />
wenn auch unsere Fakultäten sich zu einer<br />
solchen Praxis bewegen ließen. Wenn wir<br />
Leben retten wollen, müssen wir zur Abwehr<br />
der Katastrophe befähigt sein.<br />
Als ergänzende Maßnahme<br />
muß auch die Möglichkeit<br />
der Einrichtung<br />
von geschützten Operationsstellen<br />
in noch vorhandenen<br />
Bunkern oder<br />
Tiefgaragen bestehen.<br />
Modell auf Kreisebene<br />
erproben<br />
Es bietet sich geradezu an, ein solches<br />
hier vorgeschlagenes Modell zunächst<br />
einmal auf Kreisebene zu erproben und<br />
sozusagen an der Basis seine Leistungsfähigkeit<br />
zu prüfen. Dann könnte es auf<br />
weitere Kreise des Landes oder andere<br />
Bundesländer ausgeweitet werden. Wenn<br />
diese Situation in einer Katastrophenabwehr<br />
auf Kreisebene eingeübt ist, dürfte<br />
bei überregionalen Katastrophensituationen<br />
die Einbeziehung von Nachbarkreisen<br />
bei der Abwendung des Schadens keine<br />
Schwierigkeiten mehr bereiten.<br />
Eine ganze Reihe von Aufgaben liegt vor<br />
uns. Ich möchte meinen Vorschlag mit folgenden<br />
ergänzenden Maßnahmen zur Katastrophenabwehr<br />
zusammenfassen:<br />
Ergänzende Maßnahmen<br />
zur Katastrophenabwehr<br />
1. Grundsätzliche Einbeziehung der vorhandenen<br />
zivilen Krankenhäuser, unter<br />
Umständen mit Bildung von Behandlungsschwerpunkten<br />
zur Behandlung Schwerverletzter.<br />
2. Einrichtung von Notlazaretten zur Behandlung<br />
Schwerverletzter bei Ausfall von<br />
Zivilkrankenhäusern oder bei großem Verwundetenanfall<br />
in geeigneten Gebäuden.<br />
Hiertür bieten sich in erster Linie verkehrsgünstig<br />
gelegene Stadthallen mit enlsprechenden<br />
Parkflächen zur Einrichtung eines<br />
Kreisverkehrs und wegen der dort<br />
bereits vorhandenen Großküchen an, die<br />
durch ihre meist ebenerdige Lage Aufstellung<br />
und Verschiebung von Krankenbetten<br />
weitaus leichter machen als beispielsweise<br />
mehrgeschossige Schulen.<br />
3. Standortbestimmung von Ausweichund<br />
Hilfskrankenhäusern, in die Patienten<br />
aus den zu räumenden Krankenhäusern<br />
oder nach endgültiger Versorgung auch<br />
aus Krankenhäusern und Notlazaretten<br />
verlegt werden können. Hiertür kämen in<br />
erster Linie bereits vorhandene Kurheime<br />
oder entprechend gut ausgerüstete Hotels<br />
in Frage .<br />
4. Bestückung der bereits vorhandenen<br />
Krankenhäuser mit leistungsfähigen Not-<br />
stromaggregaten und Bereithaltung von<br />
fahrbaren Notstromaggregaten zur Versorgung<br />
der vorgesehenen Notlazarette.<br />
5. Einrichtung von Sammel- und Behandlungsstationen<br />
vor Ort für Leichtverletzte,<br />
in denen die am Ort ansässigen Ärzte und<br />
Zahnärzte Erste Hilfe leisten, die Transportfähigkeit<br />
von Schwerverletzten aufrecht<br />
erhalten und die endgültige Versorgung<br />
von Leichtverletzten übernehmen<br />
können.<br />
6. Einrichtung einer zentralen BefehlssteIle<br />
für den Verwundetentransport mit der<br />
Maßgabe, daß von hier aus eine breitgefächerte<br />
und zweckgerichtete Verteilung der<br />
Schwerverletzten auf die einzelnen Behandlungsmöglichkeiten<br />
erfolgt.<br />
7. Einrichtung von Hubschrauberlandeplätzen<br />
an allen Krankenhäusern und vorgesehenen<br />
Notlazaretten.<br />
8. Einrichtung von dislozierten Sanitätsdepots<br />
für Medikamente, Sanitätsmaterial<br />
und Notbetten, auch im zivilen Bereich,<br />
unter Aufsicht von Apothekern.<br />
9. Möglichkeit der Einrichtung von geschützten<br />
Operationsstellen in noch vorhandenen<br />
Bunkern oder anzulegen etwa<br />
in Tiefgaragen, die mit den Depots für<br />
Sanitätsmaterial und Notbetten zusammengelegt<br />
werden sollten, während Medikamente<br />
möglichst in vorhandenen<br />
Großapotheken von Krankenhäusern oder<br />
ähnlichen Einrichtungen, z. B. der Bundeswehr,<br />
immer wieder umgeschlagen<br />
werden sollten, um sie nicht veralten zu<br />
lassen.<br />
10. Einrichtung von speziellen Entstrahlungsmöglichkeiten<br />
für Verletzte in Krankenhäusern<br />
und Notlazaretten sowie für<br />
Unverletzte an dafür noch zu bestimmenden<br />
geeigneten Stellen (Deko-Stellen),<br />
Bereitstellung von geschultem Personal<br />
für diese Deko-Stellen, Bereitstellung von<br />
Bekleidungs-Depots.<br />
11. Einrichtung von Labors zur Überprüfung<br />
der Trinkwasser- und Lebensmittelvorräte<br />
auf Kontamination.<br />
12. Vorhaltung von sicher gelagerten<br />
Trinkwasser- und Lebensmittelvorräten<br />
mit entsprechenden Umschlagmöglichkeiten.<br />
13. Organisation des Blutspendewesens<br />
durch Erstellung von Blutgruppenausweisen<br />
für die gesamte Bevölkerung. Prüfung<br />
der Erfahrungen der israelischen Armee<br />
mit grundsätzlicher Verwendung von Null<br />
Spendern im letzten Kriege, um im Ernstfal<br />
l bei Gesunden oder Leichtverletzten<br />
kleinere Mengen von 250 bis 300 ml Blut<br />
zur Direkttransfusion an Schwerverletzte<br />
gewinnen zu können und nicht größere<br />
Blutdepots vorrätig halten zu müssen.<br />
14. Einweisung aller im Gesundheits- und<br />
Rettungsdienst Tätigen in ihre Standorte<br />
und Aufgabengebiete.<br />
15. Rekrutierung von Hilfskräften für alle<br />
Bereiche des Sanitäts- und Rettungsdienstes.<br />
16. Einbeziehung aller frei praktizierenden<br />
Ärzte und Zahnärzte, die im Katastrophenfall<br />
die Behandlung der Leichtverletzten<br />
und evtl. auch die Nachbetreuung der<br />
Schwerverletzten in Krankenhausern<br />
übernehmen müssen.<br />
17. Unterweisung aller Ärzte und des<br />
nichtärztlichen Personals im Sanitätsdienst<br />
über Verhalten und Gegenmaßnahmen<br />
bei Einwirkungen von ABC-Waffen,<br />
Großvergiftungen und Seuchen.<br />
18. Unterweisung aller chirurgisch tätigen<br />
Ärzte über Behandlungsgrundsätze von<br />
Kriegsverletzungen, Triage von Verwundeten<br />
bei Massenanfall und Behandlungsgrundsätze<br />
bei Brandkatastrophen.<br />
19. Unterrichtung der Bevölkerung in geeigneter<br />
Form über die getroffenen Katastrophenabwehrmaßnahmen,<br />
Erteilen von<br />
allgemeinen Verhaltensmaßregeln, Möglichkeiten<br />
zur Selbst- und Nachbarschaftshilfe.<br />
ZS-MAGAZIN 4/80 29