Unternehmerisch und verantwortlich wirken - Institut für ökologische ...
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34 | J. GEBAUER & R. ZIEGLER<br />
die eigenen direkten ökonomischen oder technischen Interessen hinauszugehen, ist in deren gesellschaftlicher<br />
Wirkmächtigkeit begründet <strong>und</strong> wächst mit ihr. Das heißt, mit Macht kommt Verantwortung<br />
bzw. “[s]ocial responsibilities of businessmen need to be commensurate with their social<br />
power” (Davis 1060: 71). Dieser "Social-Power-Equation" folgt im Umkehrschluss das eiserne<br />
Gesetz der Verantwortlichkeit („Iron Law of Responsibility“): Sobald die Verantwortung, die aus der<br />
eigenen Machtposition innerhalb der Gesellschaft erwächst, nicht wahrgenommen wird, droht der<br />
Verlust der Macht (Davis 1960: 63). Ebenfalls in den 1960er Jahren wurde die Konzentration auf<br />
die Unternehmerperson aufgebrochen <strong>und</strong> der Fokus richtete sich, wie bei Joseph W. McGuire<br />
(„Business and Society“; 1963) <strong>und</strong> Clarence C. Walton („Corporate Social Responsibilities“; 1967),<br />
zunehmend auf das Unternehmen, die Organisation. Auch der Begriff der Freiwilligkeit wurde eingeführt;<br />
hier lautete die Kernaussage: Unternehmen haben Verantwortung über wirtschaftliche <strong>und</strong><br />
rechtliche Verpflichtungen sowie über die Unternehmensgrenzen hinausgehend <strong>und</strong> „sollten“ diese<br />
durchaus freiwillig übernehmen.<br />
In den 1970er <strong>und</strong> 1980er Jahren dominierte allerdings der Shareholder Value Ansatz der Chicago<br />
School. Der zentrale Protagonist Milton Friedman stemmte sich erneut gegen die Argumentation,<br />
dass Unternehmen statt der Maximierung des einzelbetrieblichen Profits vielmehr die Förderung<br />
des Gemeinwohls anstreben sollten. Er fasste Unternehmensverantwortung in seinem Artikel im<br />
New York Times Magazine ("The Social Responsibility of Business Is to Increase Its Profits," September<br />
1, 1970) wie folgt: “there is one and only one social responsibility of business – to use its<br />
resources and engage in activities designed to increase its profits”. Die Friedmansche Profitsteigerungslogik<br />
unterliegt zumindest regulativen <strong>und</strong> sozialen Konventionen lauteren Wettbewerbs,<br />
denn er fährt fort: “… so long as it stays within the rules of the game, which is to say, engages in<br />
open and free competition, without deception or fraud“ – eine Frage der guten Unternehmensführung.<br />
Anderen Autor/innen ging es jedoch weiterhin um eine breitere Bestimmung der Inhalte der<br />
Unternehmensverantwortung <strong>und</strong> der gesellschaftlichen Erwartungen, gerade wegen der aus verschiedenen<br />
Gründen unzureichenden Spielregeln. Erste empirische Studien wurden durchgeführt<br />
sowie Definitionen <strong>und</strong> Managementinstrumente (weiter-)entwickelt, die die Unternehmen dabei<br />
unterstützen sollten, ihre Verantwortung zu erkennen <strong>und</strong> wahrzunehmen (Committee for Economic<br />
Development (CED) 1971; Holmes 1976; Freeman 1984; Frederick 1987). Insbesondere ging es<br />
um die Konkretisierung <strong>und</strong> die Begründung einer gegenüber dem Shareholder-Value-Ansatz erweiterten<br />
Sicht auf die Frage: „Verantwortung gegenüber wem?“. Sie wird seither im CSR-Konzept<br />
wesentlich durch den Stakeholder-Ansatz (Freeman 1984) bestimmt, aber auch durch andere normative<br />
Konzeptualisierungen, orientiert an Gerechtigkeit, nachhaltiger Entwicklung, Gemeinwohl<br />
etc.<br />
Die 1990er Jahre sind vor allem durch das Überschwappen der Debatte nach (Kontinental-) Europa<br />
36 sowie – eng damit verb<strong>und</strong>en – das Zusammentreffen des bisherigen CSR-Diskurses mit der<br />
Debatte um das Leitbild Nachhaltiger Entwicklung geprägt (Loew et al. 2004). Ausgangspunkt ist<br />
dabei die Br<strong>und</strong>tland-Definition der World Commission on Environment and Development (WCED<br />
1987: 43), die 1992 auf der Rio-Konferenz zu einem Leitbild künftiger wirtschaftlicher <strong>und</strong> gesell-<br />
36<br />
CSR wird in Europa erst seit den 1990er Jahren mit stärkerer Aufmerksamkeit verfolgt <strong>und</strong> institutionalisiert – beispielsweise<br />
in der Wirtschaft durch die Gründung von „CSR Europe“ (1995), in der Politik durch das Grünbuch der<br />
EU-Kommission zu CSR (2001) oder in der Wissenschaft durch die Gründung der „Academy of Business in Society“<br />
(EABIS, 2001/02). Davor wurde die soziale Verantwortung von Unternehmen nicht negiert, sondern unter dem Dach<br />
des „Rheinischen Kapitalismus“ oder der „Sozialen Marktwirtschaft“ sogar stärker reguliert; ganz zu schweigen von<br />
den Vorstellungen einer gesellschaftsdienenden Rolle der Wirtschaft in den früheren sozialistischen Staaten Europas.<br />
Von CSR war gleichwohl in Europa keine Rede – insbesondere nicht von CSR als einem Managementansatz.