Unternehmerisch und verantwortlich wirken - Institut für ökologische ...
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88 | B. SCHMITZ<br />
Im Gegensatz dazu steht die Umweltsicht oder die Forschersicht auf die Ressourcenzuflüsse, die<br />
nicht ganz unproblematisch ist. Beispielsweise werden Spenden häufig als Gaben <strong>für</strong> oder aus<br />
dem Dritten Sektor betrachtet, jedoch wurden sie zumeist im privaten Sektor erwirtschaftet. Sie erfahren<br />
also einen normativen Wandlungsprozess, <strong>und</strong> eben dieser ist hier von Interesse. Materielle<br />
Ressourcen sind dementsprechend – wie oben beschrieben – zunächst sektorlos, sie werden aber<br />
wieder sektorenbehaftet, wenn mit ihnen eine Rationalität, eine Logik, eine normative oder wertegeleitete<br />
Gr<strong>und</strong>haltung mitschwingt. Damit erhält die Ressource einen "um-zu"-Charakter, der im<br />
obigen Beispiel bereits angedeutet wurde. Offen bleibt, welche Logiken <strong>für</strong> hybride Organisationen<br />
im Rahmen des oben vorgeschlagenen Modells zu unterscheiden sind – oder, noch f<strong>und</strong>amentaler:<br />
was als Logik der Sektoren gelten mag.<br />
Einen fruchtbaren Ausgangspunkt stellt die Rechtfertigungstheorie von Luc Boltanski <strong>und</strong> Laurent<br />
Thévenot (2004) dar. Der zentrale Punkt ist, dass sich Akteure auf verschiedene Argumentationsstränge<br />
oder eben: Logiken beziehen, um ihre Handlungen zu rechtfertigen. Die zugr<strong>und</strong>e liegenden<br />
Logiken leiten also das Denken <strong>und</strong> Handeln der Akteure. Versteht man also die Logiken, die<br />
bestimmte Akteure bevorzugen, dann stellt dies einen guten Prädiktor <strong>für</strong> Handlungen dar.<br />
Boltanski <strong>und</strong> Thévenot (2004) unterscheiden ebenso sechs Logiken oder Cités (Welten): Inspiration<br />
(Kreativität), heimisch häusliche Welt (Tradition), Ruhm / Welt der Meinung (Meinung), zivile<br />
staatsbürgerliche Welt (kollektive Güter), industrielle Welt (Effizienz) <strong>und</strong> die Welt des Marktes<br />
(Wettbewerb <strong>und</strong> Individualismus). Dabei gehen sie davon aus, dass diese Logiken außerhalb von<br />
Akteuren <strong>und</strong> damit auch Organisationen existieren <strong>und</strong> Akteure sich damit auf diese intersubjektiv<br />
beziehen können. Welche Kombination von Logiken nun angenommen wird, ist je spezifisch, <strong>und</strong><br />
das sind auch die Spannungen <strong>und</strong> Konflikte, die aufgr<strong>und</strong> von Inkompatibilitäten von Logiken entstehen.<br />
Die Theorie von Boltanski <strong>und</strong> Thévenot (2004) findet zunehmend Resonanz; vor allem <strong>für</strong> die<br />
Analyse von Diskursen. Relevant <strong>für</strong> den Kontext hybrider Organisationen ist die Arbeit von Chantal<br />
Hervieux et al. (2010). Die Autoren analysieren die Diskursstränge im Feld Sozialunternehmertum<br />
aus Gründen der Vereinfachung zunächst nur auf die Zivil- (staatsbürgerliche) Welt <strong>und</strong> die<br />
Markt-Logik hin. Sie argumentieren: “Other logics of the Economies of Worth framework could be<br />
useful in <strong>und</strong>erstanding particular cases of SE but, as we aim for a generalized <strong>und</strong>erstanding of<br />
SE, we thus focus our attention on those logics that are most relevant for the majority of SE initiatives”<br />
(Hervieux et al. 2010: 41). Ich folge diesem Ansatz <strong>und</strong> dieser Vereinfachung hier, gleichwohl<br />
die anderen Logiken in Organisationen ebenso aktiv sein können. Jedoch sind sie dies im Hintergr<strong>und</strong>,<br />
da <strong>für</strong> die Analyse hybrider Organisationen gemäß dem vorgeschlagenen Modell die sozialen<br />
<strong>und</strong> ökonomischen immateriellen Ressourcenzuflüsse von besonderem Belang sind. Darüber<br />
hinaus drückt die Zivillogik aus, dass die Dominanz eines sozialen Bewusstseins oder kollektive<br />
Zielsetzungen im Vordergr<strong>und</strong> stehen. Im Gegensatz dazu bezeichnet die Marktlogik Wettbewerbssituationen<br />
<strong>und</strong> individuelle Nutzeninteressen. Aus einer Legitimitätsperspektive sind Repräsentation<br />
von Interessengruppen <strong>und</strong> demokratische Prinzipien <strong>für</strong> die Zivillogik relevant, wohingegen<br />
ausgeprägter Individualismus in Governancestrukturen abgelehnt wird. Der Bezug zu Solidarität<br />
als Koordinationsmechanismus des Dritten Sektors wird hieran deutlich, wenngleich eine genauere<br />
Analyse einer Übereinstimmung hier noch zu leisten wäre. Die Marktlogik wiederum legitimiert<br />
sich durch die Mechanismen <strong>und</strong> die Steuerung durch Märkte, Eigeninteresse <strong>und</strong> Opportunismus.<br />
Ausgehend von dieser Unterscheidung geht es nun darum, <strong>für</strong> eine Operationalisierung geeignete<br />
Indikatoren <strong>für</strong> immaterielle Ressourcenzuflüsse auf der Input-Seite des Würfelmodells zu benennen.<br />
Für eine Analyse der Hybridität müssen „Carriers of Logics“ (Scott 2003) gef<strong>und</strong>en werden.<br />
Wie schon deutlich wurde, sind immaterielle Ressourcenzuflüsse nicht denkbar ohne Akteure, die