Das System der Besserungsarbeitslager in der UdSSR ... - gulag

Nachdem sich die Regierung davon überzeugt hatte, dass sie auf diese Weise die Ausgaben
für den Unterhalt der Haftanstalten kurzfristig nicht würde senken können, betonte sie im
Sommer 1929 erneut, dass die Produktivität der Gefangenenarbeit erhöht werden müsse. Zu
diesem Zeitpunkt hatte die OGPU bereits viele Erfahrungen in der Organisation von
Gefangenenarbeit in entfernten Regionen und verschiedenen Wirtschaftsbereichen, u.a. bei
der Holzgewinnung gesammelt (siehe auch "SOLOWEZKI-ITL DER OGPU"). Damals war
Holz einer der wichtigsten Exportartikel der UdSSR. Und während früher der Unterhalt der
Häftlinge den Staatshaushalt belastet hatte, so konnten nun aus der Arbeit der im
Holzeinschlag eingesetzten Häftlinge (besonders in jenen Regionen, in denen nur ein äußerst
begrenztes Kontingent an freien Arbeitern zur Verfügung stand) Devisen gewonnen werden,
welche für die Erfüllung des Fünfjahresplanes dringend benötigt wurden 109 . Mit den
Vorbereitungen zur Uchta-Expedition für die Erschließung von Erdölvorkommen in der
ASSR der Komi 110 unternahm die OGPU im Frühjahr 1929 einen wichtigen Schritt, um die
Einbeziehung von Häftlingsarbeit im Fünfjahresplan zu verankern.
Im Juli 1929 gab die Regierung eine Verordnung heraus, die der OGPU den vermehrten
Einsatz von Häftlingen bei der Holzgewinnung in entlegenen Regionen vorschrieb 111 .
Gleichzeitig verabschiedete der Rat der Volkskommissare am 11. Juli 1929 einen Erlass, der
die Entwicklung des Systems der Haftanstalten in der UdSSR für viele Jahrzehnte bestimmte.
"Zum Zweck der Besiedlung" entlegener Regionen "und der Ausbeutung ihrer natürlichen
Ressourcen" wurde die Schaffung eines Netzes von Besserungsarbeitslagern (ITL) der OGPU
befohlen 112 . Diesem Erlass gemäß mussten alle Verurteilten mit Freiheitsstrafen von drei
Jahren und mehr in diese Lager verbracht werden. In den Haftanstalten unter der Leitung des
NKWD befanden sich nur noch Gefangene mit Freiheitsstrafen von unter drei Jahren. Diese
Regelung war für die OGPU von beträchtlichem Vorteil, da die Langzeithäftlinge – in der
Hoffnung auf Haftverkürzung aufgrund guter Arbeitsleistungen – in der Regel härter
arbeiteten; zudem hatten sie Zeit, neue berufliche Fertigkeiten zu erwerben.
Die Hauptverwaltungen für Haftanstalten trugen ebenfalls zur Erfüllung des Fünfjahresplans
bei. Ende Oktober 1929 machte die Allunionskonferenz der aus allen Republiken
versammelten GUMS-Mitarbeiter den Vorschlag, Gefangene für bestimmte Arbeiten und in
bestimmten Regionen zu verwenden, die von freien Arbeitern wegen der Art des
Arbeitseinsatzes und der Entfernung des Arbeitsplatzes gemieden wurden. Die Resolution
unterstrich die besondere Bedeutung der Arbeiten bei der Holzgewinnung. Jewsei Schirwindt
erklärte, dass durch die Umsetzung der Vorhaben dieses Fünfjahresplanes die Umerziehung
der Gefangenen stärker als vorher gefördert würde, da die Gefangenen nicht zu Gegnern der
freien Arbeiter, sondern Teil des landesweiten Arbeitskollektivs würden 113 . Jedoch war das
Schicksal der Hauptverwaltungen für Haftanstalten (GUMS) in den Republiken faktisch
schon besiegelt.
109 D. Dallin, B. Nicolaevsky: a.a.O. S. 217–230.
110 A. N. Kaneva: Uchtpečlag, 1929-1938 gg. In: Istoričeskij al'manach [Historischer Almanach]. Teil 1. Zven'ja:
Moskau 1991. S. 331–354.
111 Administrativnyj vestnik [Verwaltungsmitteilungen]. 1929, Nr. 9. S. 56–57.
112 GARF. f. 5446. op. 1. d. 48. l. 210–212. Per Beschluss des Zentralen Exekutivkomitees und des Rates der
Volkskommissare der UdSSR vom 16.11.1929 wurden der Begriff "Besserungsarbeitslager" und die Festsetzung
des Strafmaßes in Form einer "Freiheitsstrafe in Besserungsarbeitslagern" in die "Grundzüge der
Strafgesetzgebung der UdSSR und der Unionsrepubliken" aufgenommen (Sobranie uzakonenij SSSR
[Gesetzessammlung der UdSSR]. 1929. Nr. 72). Für Einzelheiten zur Entwicklung des Lagersystems der OGPU
siehe Beitrag "Haftanstalten in der UdSSR. 1929–1960".
113 E. Širvindt: K dvenadcatiletiju sovetskoj ispravitel'no-trudovoj politiki [Anlässlich des 12. Jahrestags der
sowjetischen Besserungsarbeitspolitik]. In: Eženedel'nik sovetskoj justicii [Wochenblatt der Sowjetischen Justiz].
1929, Nr. 4. S. 1087–1089.
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