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Das System der Besserungsarbeitslager in der UdSSR ... - gulag

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operative Reserve, um alte Lager aufzufüllen und neue, große Lagerstrukturen nach Bedarf<br />

aufzubauen, obwohl, wie später gezeigt wird, dieses Potential bis 1950 nicht e<strong>in</strong>gesetzt wurde.<br />

Es ist klar, dass die genannten Faktoren, die die Wie<strong>der</strong>herstellung des Vorkriegszustandes <strong>der</strong><br />

Haftanstalten, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e des ITL-<strong>System</strong>s, beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ten, lediglich vorübergehen<strong>der</strong> Natur<br />

waren. <strong>Das</strong> Staatssystem h<strong>in</strong>gegen hatte sich seit <strong>der</strong> Vorkriegszeit nicht geän<strong>der</strong>t. Ihm zugrunde<br />

lag weiterh<strong>in</strong> die Zwangsarbeit <strong>in</strong> ihren verschiedenen Formen (durch Häftl<strong>in</strong>ge, Son<strong>der</strong>siedler,<br />

militärische Bauarbeiter, Kolchosbauern usw.) und Bestrafung (bzw. Strafandrohung) als<br />

wichtigster Antrieb jeglicher Tätigkeit. Es nimmt nicht wun<strong>der</strong>, dass seit Mitte 1946 neben dem<br />

rasanten Anstieg <strong>der</strong> Häftl<strong>in</strong>gszahlen <strong>in</strong> <strong>der</strong> UITLK-OITK sowohl die Zahl <strong>der</strong> ITL<br />

kont<strong>in</strong>uierlich zunahm (zum 1. Januar 1946 gab es 44 und Ende 1948 79 Lager und<br />

Lagerabteilungen unter Zentralverwaltung) als auch die Häftl<strong>in</strong>gszahl (Abb. 2).<br />

Bis Frühjahr/Sommer 1950 stieg die Gesamtzahl <strong>der</strong> Häftl<strong>in</strong>ge mal schneller, mal langsamer<br />

weiter an (vorübergehend stagnierte sie sogar), dann hatte sie ihren absoluten Höhepunkt erreicht:<br />

2,6 Mio. Personen waren <strong>in</strong> Lagern und Kolonien <strong>in</strong>haftiert 188 (die Zahl <strong>der</strong> Gefängnis<strong>in</strong>sassen<br />

schwankte außerdem zwischen 170.000 bis 190.000 189 , und mehrere Zehntausend befanden sich<br />

auf Transport, sodass die maximale Häftl<strong>in</strong>gszahl <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>UdSSR</strong> mehr als 2,8 Mio. Personen<br />

betrug). In den folgenden an<strong>der</strong>thalb Jahren g<strong>in</strong>g sie etwas zurück und pendelte sich bis Mitte<br />

1952 bei 2,5 Mio. Personen (<strong>in</strong> Lagern und Kolonien) e<strong>in</strong>. Betrachtet man jedoch die<br />

Häftl<strong>in</strong>gszahlen <strong>in</strong> den zwei wichtigsten Untersystemen <strong>der</strong> Haftanstalten, bietet sich e<strong>in</strong> weitaus<br />

komplexeres Bild (Abb. 2). In den UITLK-OITK setzte sich das kont<strong>in</strong>uierliche Wachstum nur<br />

zwei Jahre lang (1946-1947) fort. Danach schwankte die Häftl<strong>in</strong>gszahl unregelmäßig <strong>in</strong> den<br />

Jahren 1948-1949 um die erreichte Höchstzahl, worauf e<strong>in</strong> zweijähriger Rückgang <strong>der</strong><br />

Häftl<strong>in</strong>gszahlen bis auf das Niveau vor <strong>der</strong> Amnestie 1945 e<strong>in</strong>setzte. Die Häftl<strong>in</strong>gszahlen <strong>in</strong> den<br />

Lagern unter Zentralverwaltung stiegen h<strong>in</strong>gegen ab Mitte 1946 ziemlich lange konstant an (bis<br />

Ende 1951), dann pendelten sie sich etwa auf dem Höchststand <strong>der</strong> Vorkriegszeit e<strong>in</strong>. Die<br />

unterschiedlichen Entwicklungen <strong>der</strong> Häftl<strong>in</strong>gszahlen <strong>in</strong> den Jahren 1946-1953 belegen, dass bei<br />

<strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Haftanstalten offenbar e<strong>in</strong>e Reihe verschiedenartiger, vorübergehen<strong>der</strong><br />

sowie ständiger, Faktoren e<strong>in</strong>e Rolle spielte.<br />

Bevor diese Faktoren im e<strong>in</strong>zelnen untersucht werden, ist zunächst e<strong>in</strong>e Frage geson<strong>der</strong>t zu<br />

behandeln, an <strong>der</strong> sich bis heute h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Lager <strong>der</strong> Nachkriegszeit die Geister scheiden.<br />

Dabei geht es um das von 1948-1953 unter MWD-Leitung aufgebaute Netz von Son<strong>der</strong>lagern<br />

(OssobLag).<br />

Diese politische Maßnahme wurde mit <strong>der</strong> Verfügung 416-159ss des M<strong>in</strong>isterrats <strong>der</strong> <strong>UdSSR</strong><br />

vom 21. Februar 1948 e<strong>in</strong>geleitet. Die gemäß dieser Verfügung gegründeten Son<strong>der</strong>lager (sowie<br />

die Son<strong>der</strong>gefängnisse <strong>in</strong> Wladimir, Aleksandrowsk und Werchne-Uralsk) waren Verurteilten<br />

wegen Spionage, Diversion und Terror vorbehalten, außerdem Trotzkisten, Reaktionären,<br />

Menschewiken, Sozialrevolutionären, Anarchisten, Nationalisten, Revolutionsflüchtl<strong>in</strong>gen,<br />

Mitglie<strong>der</strong>n antisowjetischer Organisationen und Gruppen sowie "Personen, die durch ihre<br />

antisowjetischen Verb<strong>in</strong>dungen e<strong>in</strong>e Gefahr darstellen" (vor allem Häftl<strong>in</strong>gen, die ihre Haftzeit<br />

188 Verschiedene Quellen, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fußnote 134 aufgeführt wurden, machen Größenangaben, die um 20.000<br />

Personen schwanken. Vielleicht ist das damit begründet, dass es ke<strong>in</strong>e Absprachen dazu gab, ob die Gefangenen, die<br />

sich auf dem Transport von e<strong>in</strong>em Lager <strong>in</strong> e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es befanden, auch dazu zu zählen s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> nicht. Die Autoren<br />

haben Durchschnittsdaten angeführt. Genauere Schätzungen bedürfen zusätzlicher Forschung.<br />

189 GARF. F. 9414. Op. 1. D. 2877. L. 140.<br />

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