Das System der Besserungsarbeitslager in der UdSSR ... - gulag
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60.000 16 , sodass sich alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong>en Jahr nach Inkrafttreten <strong>der</strong> Juli-Verordnung die<br />
Gesamtzahl <strong>der</strong> Lagerhäftl<strong>in</strong>ge fast verdoppelte und sich mit <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Gefangenen <strong>in</strong> den<br />
Haftanstalten <strong>der</strong> republikanischen NKWD vergleichen ließ (Anfang 1930: 250.000 – 300.000<br />
Gefangene 17 ). Für die Leitung des Lagersystems wurde auf Beschluss des Rates <strong>der</strong><br />
Volkskommissare vom 7. April 1930 18 am 25. April 1930 die Lagerverwaltung <strong>der</strong> OGPU<br />
(ULAG <strong>der</strong> OGPU) 19 e<strong>in</strong>gerichtet, die <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es knappen Jahres den Status e<strong>in</strong>er<br />
Hauptverwaltung (GULAG <strong>der</strong> OGPU) 20 erhielt.<br />
Ungeachtet <strong>der</strong> rasanten Ausweitung des Lagersystems zeigten jedoch die <strong>in</strong> den Jahren 1930 und<br />
Anfang 1931 erzielten Ergebnisse, dass die E<strong>in</strong>richtung von Lagern das Problem des vom<br />
staatlichen Standpunkt rationalen E<strong>in</strong>satzes von Häftl<strong>in</strong>gen nicht löste. So waren die<br />
Arbeitskräfte des KASACHSTAN-ITL auf viele Objekten verteilt, sodass e<strong>in</strong>e zentralisierte<br />
Führung dafür offensichtlich nicht notwendig war. Die Auflösung des KASACHSTAN-ITL im<br />
September 1931 und die E<strong>in</strong>richtung des landwirtschaftlich ausgerichteten KARAGANDA-ITL<br />
an neuem Standort kann als faktisches E<strong>in</strong>geständnis des Misserfolgs gewertet werden. Die<br />
E<strong>in</strong>richtung des letztgenannten Lagers entstand im Ergebnis e<strong>in</strong>er Expedition des<br />
Volkskommissariats für Landwirtschaft, die 1930 <strong>in</strong> Nordkasachstan die Bodenbeschaffenheit<br />
auf Brauchbarkeit für die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>er Großsowchose untersuchte. Doch ungeachtet <strong>der</strong><br />
riesigen Flächen 21 , die man dem neuen ITL zuwies, entwickelte sich das Lager nur langsam: Erst<br />
Ende 1932 erreichte die Zahl <strong>der</strong> Häftl<strong>in</strong>ge Zehntausend 22 . Um mit <strong>der</strong> landwirtschaftlichen<br />
Produktion so schnell wie möglich beg<strong>in</strong>nen zu können, bedurfte es e<strong>in</strong>er entsprechenden<br />
Infrastruktur, die unmöglich <strong>in</strong> "Bestarbeiterzeit" zu erreichen war.<br />
In e<strong>in</strong>er ähnlichen Situation befand sich das FERNÖSTLICHE LAGER, <strong>in</strong> dem Ende 1932 10-<br />
20.000 Personen <strong>in</strong>haftiert waren, sodass das Lager ke<strong>in</strong>e bedeutende Rolle spielte, als <strong>in</strong> jener<br />
Zeit die "Naturreichtümer" dieser riesigen Region erschlossen wurden 23 .<br />
Im USEWLON, dem e<strong>in</strong>zigen neuen Lager, dessen Wirkungsbereich im Beschluss von 1929<br />
ausdrücklich def<strong>in</strong>iert wurde, stieg 1930 durch das Wirken <strong>der</strong> OGPU die Zahl <strong>der</strong> Häftl<strong>in</strong>ge auf<br />
9414. Op. 1. D. 2920. L. 148, 178) hervorgeht, entspricht die letzte Zahl fast <strong>der</strong> m<strong>in</strong>imalen Insassenzahl für das<br />
angegebene Jahr (zum 1. Januar — 272.500, zum 1. Februar — 270.300, zum 1. März — 274.700, zum 1. April —<br />
278.500; von da ab ist e<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Zunahme <strong>der</strong> Gefangenenzahl bis zu 314.500 Personen am 1. Dezember<br />
zu verzeichnen; siehe Abbildung 1).<br />
16 GARF. F. 9414. Op. 1. D. 2919. L. 1.<br />
17 Die Schätzung beruht auf <strong>der</strong> Gefangenenzahl <strong>der</strong> Hauptverwaltung für Haftanstalten (GUMS) <strong>der</strong> RSFSR<br />
(179.000 Personen) (GARF. F. 9414. Op. 1. D. 2877. L. 177, 178) und auf <strong>der</strong> Annahme, dass das Verhältnis von<br />
Häftl<strong>in</strong>gen zur Gesamtbevölkerung <strong>in</strong> den größten Republiken annähernd gleich ist.<br />
18 Sobranie uzakonenij SSSR [Gesetzessammlung <strong>der</strong> <strong>UdSSR</strong>]. 1930. Nr. 22. S. 248.<br />
19 Befehl 130/63 <strong>der</strong> OGPU vom 25.04.30. 20<br />
20 "Über die Umwandlung des ULAG (Verwaltung <strong>der</strong> Lager) <strong>in</strong> GULAG (Hauptverwaltung <strong>der</strong> Lager), siehe<br />
entsprechenden E<strong>in</strong>trag <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rubrik "Lager".<br />
21 GARF. F. 9414. Op. 2. D. 108. L.15–15ob.<br />
22 Ebenda. Op. 1. D. 2920. L. 179.<br />
23 Ebenda. D. 2919. L.42; D. 2920. L.179; Zentralarchiv des FSB. F. 2. Op. 8. D. 104. L. 27. Zum Vergleich: Von<br />
1935 bis 1937 gab es <strong>in</strong> dieser Region alle<strong>in</strong> 250.000 Gefangene ohne Berücksichtigung an<strong>der</strong>er<br />
"Son<strong>der</strong>kont<strong>in</strong>gente" (GARF. F. 9414. Op. 1. D. 1155. L. 20). Dabei sei vermerkt, dass bezüglich <strong>der</strong><br />
Haupt<strong>in</strong>dustriezweige, <strong>in</strong> denen Gefangene e<strong>in</strong>gesetzt wurden, <strong>der</strong> Anteil des Fernen Lagers (DalLag) an <strong>der</strong><br />
Produktion <strong>der</strong> Region Fernost Ende 1930 sehr hoch war: das Lager stellte 52% aller Arbeitskräfte <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Holzgew<strong>in</strong>nung und mehr als 20% <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kohleför<strong>der</strong>ung (GARF. F. 9414. Op. 1. D. 2920. L. 13, 14).<br />
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