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Das System der Besserungsarbeitslager in der UdSSR ... - gulag

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M. B. Smirnow, S. P. Sigatschow, D. W Schkapow<br />

DAS SYSTEM DER HAFTANSTALTEN DER UDSSR 1929-1960<br />

Die Auffassung <strong>der</strong> Sowjetregierung vom Strafvollzug war <strong>in</strong> den 20er Jahren ausgesprochen<br />

konservativ: Professionelle Strafverbrecher sollten isoliert und die restlichen Gesetzesbrecher<br />

erzogen werden, politische Opponenten erlebten den Strafvollzug als e<strong>in</strong>e dem<br />

Repressionsapparat untergeordnete Institution. E<strong>in</strong>e Neuerung war die Vorstellung, auf <strong>der</strong><br />

Grundlage von Arbeit, genauer gesagt, e<strong>in</strong>er Mischung aus Arbeitslehre und produktiver Arbeit,<br />

erzieherisch wirksam zu werden. Im Zusammenspiel aus ideologischen Vorgaben und<br />

chronischem Geldmangel des Staates ergab sich die zw<strong>in</strong>gende Hauptaufgabe beim Aufbau <strong>der</strong><br />

Vollzugsanstalten: sie mussten rentabel se<strong>in</strong>.<br />

Es gilt zu berücksichtigen, dass das Vollzugssystem des Jahres 1929 unter den Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong><br />

Neuen Ökonomischen Politik (NEP) entstanden war, also <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Zeit, als<br />

Massenarbeitslosigkeit herrschte und <strong>in</strong>dustrielle Großprojekte fehlten, da privates Großkapital<br />

vernichtet worden war, <strong>der</strong> Staat ke<strong>in</strong> Geld für eigene Großprojekte hatte und Produzenten nicht<br />

eigenständig über den Vertrieb ihrer Produkte und die <strong>in</strong>dustrielle Versorgung entscheiden<br />

konnten. Ökonomische Gründe liefern somit die Erklärung dafür, dass das Vollzugssystem<br />

se<strong>in</strong>en Ursprung <strong>in</strong> relativ kle<strong>in</strong>en Arbeitskolonien, Besserungsarbeitshäusern und an<strong>der</strong>en<br />

Haftanstalten nahm, <strong>der</strong>en Belegung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel 100 – 600/700, maximal 2.000 Personen betrug<br />

und die für unterschiedliche Häftl<strong>in</strong>gsgruppen ("Kategorien") vorgesehen waren 1 . Dieselben<br />

Gründe erklären auch die begrenzten Funktionen <strong>der</strong> zentralen Leitung. Die meisten<br />

Haftanstalten wurden von den Exekutivkomitees <strong>in</strong> den Gouvernements, Gebieten und Kreisen<br />

f<strong>in</strong>anziert. Außerdem fehlte e<strong>in</strong> zentrales <strong>System</strong> zur Produktionsversorgung und für den Absatz<br />

jener Produkte, die <strong>in</strong> den Haftanstalten hergestellt wurden. <strong>Das</strong> e<strong>in</strong>zige große Vollzugssystem<br />

unter völliger Zentralverwaltung, die sich u.a. auch auf die Produktionstätigkeit erstreckte, stand<br />

unter Leitung <strong>der</strong> OGPU: Die Verwaltung <strong>der</strong> Lager auf den Solowezki-Inseln, die im<br />

Geschäftsjahr 1928/29 e<strong>in</strong>e durchschnittliche Belegung von 21.900 Häftl<strong>in</strong>gen aufwies 2 .<br />

Die Verabschiedung <strong>der</strong> "beschleunigten Variante" des ersten Fünfjahrplanes Mitte 1929 sowie<br />

die radikale Kollektivierung <strong>in</strong> den Jahren 1930-1932 verän<strong>der</strong>ten die Situation im Lande<br />

grundlegend. Bereits 1929 g<strong>in</strong>g die Arbeitslosigkeit stark zurück und war 1930 komplett<br />

ausgemerzt. Um die Pläne <strong>der</strong> KPdSU <strong>in</strong> den 30er Jahren umzusetzen, mussten alle bedeutenden<br />

Ressourcen (so auch die Arbeitskräfte) auf den Baustellen <strong>der</strong> großen Industrie- und<br />

Transportprojekte konzentriert werden. Die Verstaatlichung faktisch <strong>der</strong> gesamten Produktion<br />

gebar automatisch zentralisierte Verteilungssysteme für Ressourcen (sowohl Rohstoffe als auch<br />

Arbeitskräfte), Produktionsaufträge und den Absatz von Fertigerzeugnissen.<br />

Vor dem H<strong>in</strong>tergrund e<strong>in</strong>er Wirtschaft im ständigen Wandel vollzog sich von 1929 bis 1941 e<strong>in</strong>e<br />

Reihe von Reformen im Strafvollzug.<br />

Als am 11. Juli 1929 <strong>der</strong> Rat <strong>der</strong> Volkskommissare den Beschluss "Über die Verwendung <strong>der</strong><br />

Arbeitskraft krim<strong>in</strong>eller Strafgefangener" 3 annahm, wurde damit <strong>der</strong> Grundste<strong>in</strong> für die erste<br />

1 Sobranie uzakonenij RSFSR [Gesetzessammlung <strong>der</strong> RSFSR]. 1924. 86. S. 870; GARF. F. 4042. Op. 1. D. 73. L.<br />

75–91.<br />

2 GARF. F. 9414. Op. 1. D. 2919. L. 2<br />

3 Ebenda. F. 5446. Op. 1. D. 48. L.210–212. Wichtigste Unterlagen zum Beschluss über die Reform des<br />

Vollzugsystems 1929 aus den Geschäftsunterlagen des ZK <strong>der</strong> KPdSU(B), herausgegeben von S. А. Krasil'nikov<br />

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