04.01.2014 Aufrufe

Das System der Besserungsarbeitslager in der UdSSR ... - gulag

Das System der Besserungsarbeitslager in der UdSSR ... - gulag

Das System der Besserungsarbeitslager in der UdSSR ... - gulag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

und Produktionskomplexes <strong>der</strong> Innenm<strong>in</strong>ister sowie sieben se<strong>in</strong>er acht Stellvertreter<br />

fungierten 220 .<br />

Auch <strong>der</strong> ab 1948 e<strong>in</strong>setzende Arbeitskräftemangel <strong>in</strong>nerhalb des MWD-<strong>System</strong>s führt zu e<strong>in</strong>er<br />

Verschlechterung <strong>der</strong> Lage. Für e<strong>in</strong> halbes Jahr – von April bis Oktober 1948 – blieb die<br />

Gesamtzahl <strong>der</strong> Häftl<strong>in</strong>ge unverän<strong>der</strong>t bei etwas unter 2,35 Mio. Personen (ohne<br />

Gefängnis<strong>in</strong>sassen und Transithäftl<strong>in</strong>gen). Es setzte e<strong>in</strong>e Umverteilung <strong>der</strong> Häftl<strong>in</strong>ge zugunsten<br />

<strong>der</strong> Lager unter Zentralverwaltung e<strong>in</strong>. Von 1949 bis Frühjahr 1950 gab es nur ger<strong>in</strong>ge Zuwächse<br />

bei den Insassenzahlen (Quartalsdurchschnitt ca. 60.000 Personen gegenüber 130.000 Personen<br />

1946-1947), wobei die Häftl<strong>in</strong>ge ausschließlich <strong>in</strong> Lager unter Zentralverwaltung e<strong>in</strong>gewiesen<br />

wurden. Seit Sommer 1950 musste das MWD die Arbeitskräfte immer stärker auf Großbetriebe<br />

und -bauten konzentrieren: Die Gesamtzahl <strong>der</strong> Häftl<strong>in</strong>ge verr<strong>in</strong>gerte sich allmählich um<br />

durchschnittlich 10.000 Personen pro Quartal, und um den weiter steigenden Bedarf an<br />

Arbeitskräften für bedeutende Vorhaben zu decken, wurden die absoluten Insassenzahlen <strong>in</strong> den<br />

Haftanstalten <strong>der</strong> Territorialorgane reduziert (Abb. 2).<br />

Da die menschliche Arbeitskraft schon immer die wichtigste Ressource <strong>der</strong> Lagerwirtschaft<br />

gewesen war, führte <strong>der</strong> Mangel daran diese fast <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Katastrophe. Da die Häftl<strong>in</strong>ge auf<br />

jegliche Technik verzichten mussten, konnte folglich we<strong>der</strong> die Arbeitsproduktivität erhöht noch<br />

die Arbeitszeit verkürzt werden. Nicht e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> großen Produktionsverwaltungen des MWD<br />

erfüllte 1951-1952 den Plan. <strong>Das</strong> <strong>System</strong> <strong>der</strong> Haftanstalten befand sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er tiefen Krise 221 .<br />

Deshalb ist es nicht verwun<strong>der</strong>lich, dass sofort nach Stal<strong>in</strong>s Tod e<strong>in</strong> grundlegen<strong>der</strong> Umbau dieses<br />

<strong>System</strong>s e<strong>in</strong>setzte.<br />

Im Laufe e<strong>in</strong>es Monats nach dem 5. März 1953 verabschiedete <strong>der</strong> M<strong>in</strong>isterrat <strong>der</strong> <strong>UdSSR</strong><br />

mehrere äußerst folgenreiche Gesetze zum <strong>System</strong> <strong>der</strong> Haftanstalten.<br />

Zunächst beendete die Verfügung 895-383ss des M<strong>in</strong>isterrates vom 25. März 1953 mehrere große<br />

Bauvorhaben, bei denen Häftl<strong>in</strong>ge e<strong>in</strong>gesetzt wurden und für die ke<strong>in</strong> "dr<strong>in</strong>gen<strong>der</strong><br />

volkswirtschaftlicher Bedarf" bestand. Von den Stilllegungen waren solche militärstrategischen<br />

Bauvorhaben betroffen, wie <strong>der</strong> Turkmenische Hauptkanal, <strong>der</strong> Wolga-Ostsee-Kanal, die<br />

Eisenbahnstrecken <strong>in</strong> Nordwestsibirien, auf <strong>der</strong> Halb<strong>in</strong>sel Kola, im Gebiet Archangelsk, <strong>in</strong> den<br />

Regionen Krasnojarsk und Primorje, <strong>der</strong> Tunnel unter dem Tatarischen Sund, die Werke für<br />

künstlichen Brennstoff <strong>in</strong> Tschernogorsk und Aralitschewo u.a. 222 . Laut Plan sollte 1953 <strong>der</strong><br />

Gesamtumfang <strong>der</strong> Kapital<strong>in</strong>vestitionen <strong>in</strong> diese Objekte ca. 3,5 Milliarden Rubel betragen 223 .<br />

E<strong>in</strong>e Kürzung von Bauvorhaben und Arbeitsumfang ähnlichen Ausmaßes hatte es bislang <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Geschichte <strong>der</strong> Sowjetunion nur zu Beg<strong>in</strong>n des Großen Vaterländischen Krieges gegeben.<br />

Danach wurden per Verfügung 832-370ss und 934-400ss des M<strong>in</strong>isterrates <strong>der</strong> <strong>UdSSR</strong> vom 18.<br />

respektive 28. März 1953 alle fünfzehn Produktionshauptverwaltungen und –verwaltungen des<br />

MWD, die über Lager verfügten, aufgelöst. Die Produktionse<strong>in</strong>richtungen und –objekte wurden<br />

größtenteils an an<strong>der</strong>e M<strong>in</strong>isterien übergeben, und die dazugehörenden ITL wurden geme<strong>in</strong>sam<br />

mit den verbliebenen, meist kle<strong>in</strong>eren Produktionsobjekten unter die Leitung <strong>der</strong><br />

220 A. I. Kokur<strong>in</strong>, N. V. Petrov: Lubjanka. VČK-OGPU-NKVD-NKGB-MGB-MVD-KGB, 1917-1960. Spravočnik.<br />

Moskau 1997. S. 70–72.<br />

221 G. M. Ivanova: GULAG v sisteme totalitarnogo gosudarstva [Der GULAG im totalitären Staatssystem]. Moskau<br />

1997. S. 142–144. Mehr zu den Wirtschaftsergebnissen des NKWD-MWD siehe ebenda. S. 82–147.<br />

222 Verfügung des M<strong>in</strong>isterrats 895–383ss vom 25.03.53 (zum Vorhaben dieser Verfügung siehe Istoričeskij archiv<br />

[Historisches Archiv]. Nr. 4, 1996. S. 142).<br />

223 Istoričeskij archiv [Historisches Archiv]. Nr. 4, 1996. S. 140–142.<br />

63

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!