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Historischen Teil - Carl Stumpf Gesellschaft

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Margret Kaiser-el-Safti 10<br />

Das erforderte eine andere als die Kantische Einstellung dem Erfahrungsbegriff<br />

gegenüber und revidierte im Kern die grundlegende Subjekt-Objekt-Relation der<br />

Kantischen und neukantianistischen Erkenntnistheorie. Kants „Kopernikanische<br />

Wende“ und die strikte Weigerung, vom sinnlich Gegebenen auszugehen,<br />

brachte eine realistische Philosophie auf den Weg, die anders als Kant an den<br />

britischen Empirismus des 17. und 18. Jahrhunderts anknüpfte, ohne ihn zu<br />

kopieren oder zu bekämpfen, auch apriorische Erkenntnis nicht in Bausch und<br />

Bogen verwarf, sich jedoch im Prinzip mit der Erfahrungserkenntnis zu arrangieren<br />

vornahm. Unmittelbar nach Kants Tod suchte Herbart zu Beginn des 19.<br />

Jahrhunderts aus der unfruchtbaren Konfrontation ,Idealismus versus Sensualismus„<br />

auszubrechen, um an Stelle des Kantischen Idealismus einen mit der<br />

Wissenschaft verträglichen philosophischen Realismus durchzusetzen. Selbstverständlich<br />

dachte Herbart nicht an einen ,naiven„ Realismus, der nicht<br />

zwischen äußeren Dingen und unseren Vorstellungen (Empfindungen,<br />

Erscheinungen) von ihnen unterscheidet, insofern wir ja nie aus dem Kreis<br />

unserer Vorstellungen und unseres Selbstbewusstseins hinausgelangen könnten.<br />

Erkenntnistheoretisch kann, so forderte Herbart,<br />

die ganze Anstrengung unseres Denkens [...] nur darauf gerichtet seyn, daß uns<br />

der nothwendige Zusammenhang des Selbstbewußtseyns mit den Vorstellungen<br />

einer äußeren Welt in allen Punkten klar werde. (SW Bd. 4, S. 160)<br />

Zuletzt muss aber alle Kenntnis des Realen auf der Einsicht beruhen, „daß das<br />

Gegebene nicht erscheinen könnte, wenn das Reale nicht wäre“. ( SW Bd. 5, S.<br />

187)<br />

Wie soll ein wissenschaftlich verwendbarer Zusammenhang zwischen<br />

Erfahrung und Erfahrungsgegenstand hergestellt werden, der mehr als ,bloße„<br />

Assoziation und Induktion garantiert, aber auch auf erfahrungsvorgängige<br />

Substrate verzichtet? Nach Herbart verfügen wir weder über die von Kant<br />

postulierten reinen Anschauungsformen noch über Begriffe vor aller Erfahrung,<br />

sondern eignen sie uns im Umgang mit den Erfahrungstatsachen an. Die<br />

Grundbegriffe des philosophischen und wissenschaftlichen Denkens, äußere wie<br />

innere Erfahrung betreffend und aus äußerer und innerer Erfahrung gewonnen,<br />

sind vieldeutig, häufig widersprüchlich und zu ihrer Klärung bedarf es<br />

permanenter geistiger Arbeit. Das Werkzeug der Bearbeitung der Begriffe ist<br />

nicht die formale Logik sondern die Metaphysik, aber diese wird nicht als eine<br />

Lehre von Hinter-Welten aufgefasst, vielmehr besteht deren Aufgabe in einer<br />

Bereinigung der Begriffe und einer Methode, andere Möglichkeiten ihrer<br />

Beziehungen zu erproben, an denen im Fortschreiten des Wissens zu arbeiten ist.<br />

„Die Metaphysik hat keine andere Bestimmung, als die nämlichen<br />

Begriffe, welche die Erfahrung ihr aufdringt, denkbar zu machen“

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