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Historischen Teil - Carl Stumpf Gesellschaft

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Margret Kaiser-el-Safti 52<br />

Gerade letztere Gedanke wurde indes von den Schülern <strong>Stumpf</strong>s ausdrücklich<br />

abgelehnt; sie leugneten, dass man es bei Gestalten mit Verhältnissen zu tun<br />

hätte, Verhältnisse, wandte man ein, seien etwas Abstraktes, Gestalten etwas<br />

Anschauliches. „Gestalten seien etwas primär Gegebenes, das nicht eines<br />

Fundamentes bedürfe, wie es bei Verhältnissen der Fall ist“, referiert <strong>Stumpf</strong><br />

den Generaleinwand gegen seine Auffassung der Gestalt (S. 246), der ,Gestalt„<br />

wieder auf ,Komplex„ reduziert. Mit diesem grundsätzlichen Einwand standen<br />

weitere in Zusammenhang, mit denen <strong>Stumpf</strong> sich in der „Erkenntnislehre“<br />

detailliert auseinandersetzt (S. 243-246), die hier nicht aufgezählt werden<br />

müssen.<br />

Der logizistische Einwand hat sich durchgehalten. Wolfgang Metzger widmet<br />

in seiner „Psychologie“ (6. Auflage 2001) anscheinend in Anlehnung an Wundt<br />

ein ganzes Kapitel der Widerlegung des rationalistischen sogenannten<br />

„eleatischen Grundsatzes“. Metzger möchte im Wesentlichen alles Fundamental-Logische,<br />

wie begriffliche Analyse, Widerspruchsbereinigung, rationale<br />

Ableitverfahren aus den Grundlagen der theoretischen Psychologie eliminieren<br />

respektive nachweisen, dass die Psychologie, namentlich die experimentelle<br />

Psychologie, als Lehre vom unmittelbar Gegebenen, der Forderung des<br />

rationalistischen oder logizistischen eleatischen Grundsatzes „ziemlich genau<br />

entgegengesetzt ist“, weil die Psychologie auch Widersinniges und Unlogisches<br />

schlicht hinzunehmen hätte (vgl. Metzger 2001, S. 12). <strong>Stumpf</strong> würde dieser<br />

Einstellung, die Vertreter der „Alltagspsychologie“ mit Metzger teilen, nicht<br />

prinzipiell widersprechen, sie allerdings in das vorwissenschaftliche Procedere<br />

verweisen. <strong>Stumpf</strong> macht gegen die auch von Wundt vertretene Auffassung<br />

geltend,<br />

daß das unmittelbar Gegebene im strengen Sinne, d. h. das, was als Tatsache<br />

streng unmittelbar einleuchtet, niemals Objekt irgendeiner Wissenschaft sein<br />

kann, obgleich es jeder (wenigstens jeder empirischen) Wissenschaft als<br />

Grundlage dient. […] Das unmittelbar Gegebene ist nur Ausgangspunkt der<br />

Forschung und Material der Begriffsbildung“ (1907 b, S. 59).<br />

Das psychologische Motiv, das unmittelbar Gegebene zur Grundlage einer<br />

wissenschaftlichen Psychologie zu küren, resultiert einerseits aus dem Wunsch,<br />

die Psychologie ohne Verbindung zu philosophischen oder anderen Disziplinen<br />

als die ursprüngliche und eigentliche Basis menschlichen Erlebens schlechthin<br />

zu nobilitieren, und der Ausgang von der Gestaltwahrnehmung schien erstmals<br />

in der kurzen Wissenschaftsgeschichte der Psychologie ein solches empirisches<br />

Fundament, frei von metaphysischen, erkenntnistheoretischen oder sonstigen<br />

Voraussetzungen, bereitzustellen; andererseits ist nicht nachvollziehbar, in wiefern<br />

die experimentelle Methode logisch-begriffliche Reflexionen überflüssig<br />

machen sollte. Auch oder sogar besonders das experimentelle Verfahren hat das

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