Vernetztes Fahren - Campushunter

Fachhochschule Köln I 113
Foto: Costa Belibasakis / fH Köln
Ich hab Spaß,
ich geb Gas!
Mit dem Projekt Wiegel wollen
sieben Studenten die Bierkisten-Szene
aufmischen
»Das 10 PS starke Wiegel macht einfach nur Spaß. Es ist über 100 km/h schnell und bietet einen satten Sound.
Dieser Sound geht durch den Magen. Knatternd, laut und nen. Die Monate flogen dahin. Das Aluminiumgestell und die
tief, viel Bass und Vibration. Hat da jemand den Auspuff verloren?
Und dann biegt um die Ecke kein aufgemotztes Motorrad, dem Fahrer bei den starken Fliehkräften in Kurven Stabilität ge-
Karbon- und Frästeile sind Eigenfertigung. Ebenso der Sitz, der
kein Go Kart, nein, eine Bierkiste flitzt über den Campus. Das ben soll. Die Fahrdynamik und die Lenkung haben sie auf die
Projekt Wiegel ist unterwegs – endlich. Reihum stolze, begeisterte
Gesichter. Nach einem Jahr konstruieren, schweißen, nen sie ihr Wiegel außer Konkurrenz sehen: es ist extrem leicht
Maße der Bierkiste angepasst und Feinheiten eingebaut, mit de-
montieren, ändern und optimieren fährt sie nun, die wahrscheinlich
beste fahrende Bierkiste Deutschlands. Davon sind ihre Hinterachse ausgestattet.
und mit einem technischen anspruchsvollen Riemenantrieb zur
Konstrukteure, sieben Studenten der Fahrzeugtechnik an der
Fachhochschule Köln, überzeugt.
Die Bierkisten-Szene ist privat organisiert. Im Internet gibt es
Wikis, Foren, Bauanleitungen und Onlineshops für Bausätze und
Zubehör. Für den einen eine wunderliche Stilblüte im Dunstkreis
zweier großer deutschen Leidenschaften: Bier und Automobile.
Für den anderen gehen hier Entwicklergeist und Fahrspaß Hand
in Hand. Mit 60 Stundenkilometern nur wenige Zentimeter über
dem Asphalt ist Geschwindigkeit ein ganz neues Erlebnis. Und
auch der Kontakt mit den Bodenwellen, so ganz ohne Stoßdämpfer.
Felix Bierewirtz, Sebastian Dung, Moritz Jerusalem,
Thomas Limbach, Markus Fries, Christian Schürg und Kai Gorris
wollten schon lange eine fahrende Bierkiste bauen. An einem der
studentischen Rennteams der Hochschule ist keiner beteiligt.
„Wir sind die Punkrock-Version“, scherzen Moritz Jerusalem und
Christian Schürg: „Im Gegensatz zu den anderen Rennteams
kann bei uns jeder das Wiegel fahren.“
Als sie das im Studiengang vorgeschriebene interdisziplinäre
Projekt angehen sollten „haben es ein bisschen übertrieben“,
räumt Christian Schürg ein. Denn die üblichen Projektthemen,
wie zum Beispiel elektronische Einparkhilfe testen, sind nur für
einige Wochen ausgelegt. Während ihre Kommilitonen schon
längst fertig waren, saßen sie noch über den Konstruktionsplä-
Der 10 PS-starke Motor, ein Nachbau einer Honda Monkey,
die Go Kart-Bauteile, die Ackermann-Lenkung, das alles verschlingt
mehrere Tausend Euro. Also mussten sich die Studenten
einen Sponsor suchen und fanden ihn in der Firma Brunel.
„Es ging uns dabei nicht um eine gute Note“, sagt Thomas Limbach.
„Bisher wussten wir nur theoretisch, wie man eine Lenkung
auslegt. Wir haben jetzt unglaublich viel Transferwissen.“
Selbstverständlich haben sie von ihrem Professor für das Projekt
die Bestnote bekommen.
Über 100 Stundenkilometer schafft das Wiegel. Auch bei
kleineren Geschwindigkeiten haben die Konstrukteure Respekt
vor ihrem Fahrzeug. 10 PS sind in einem so kleinen Gefährt nicht
zu unterschätzen. Es bockt beim Start, wenn man zu viel Gas
gibt. Ein paar Crashs haben sie schon erlebt. Das scheint den
Reiz für das Wiegel aber nur zu verstärken. Jetzt hoffen sie, dass
sich das ein oder andere Wettrennen in der Bierkistenszene ergibt.
Und dann? „Wir könnten uns schon vorstellen, die Kiste zu
verkaufen, für einen fünfstelligen Betrag“, ist die einhellige Antwort.
So oder so, es wird immer brüderlich geteilt.
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Weitere Informationen
www.fh-koeln.de
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