Vernetztes Fahren - Campushunter
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Goethe-Universität Frankfurt am Main I 145<br />
Wo Einstein irrte<br />
Teilchen können gleichzeitig<br />
an mehreren Orten sein<br />
»<br />
Quantenphysikalische Teilchen können an mehreren Orten den<br />
gleichzeitig sein und hinterlassen dabei sogar Spuren. Das<br />
haben Physiker der Goethe-Universität in einem verblüffenden<br />
Experiment nachgewiesen, das Albert Einstein vor mehr als 80<br />
Jahren anregte, um die Anhänger der Quantenmechanik herauszufordern.<br />
Damals konnte sein wichtigster Kontrahent, der Physiker<br />
Niels Bohr, ihm lediglich Argumente entgegensetzten. Jetzt<br />
geben die neuen Experimente dem Dänen Recht.<br />
Einstein hat Zeit seines Lebens die quantenphysikalische<br />
Aussage bekämpft, dass Teilchen – solange man sie nicht<br />
beobachtet – an mehreren Orten gleichzeitig sein können. Sein<br />
wichtigstes Gegenargument war: Die geisterhaften Teilchen<br />
müssten durch Zusammenstöße mit anderen Teilchen entlang<br />
ihrer Bahn eine sichtbare Spur hinterlassen. Eben diese Spur hat<br />
Dr. Lothar Schmidt in der Arbeitsgruppe von Prof. Reinhard<br />
Dörner am Institut für Kernphysik der Goethe-Universität nun gemessen.<br />
„Unseres Experiment ist ein später Triumph für Niels<br />
Bohr und damit eine weitere Bestätigung der Grundlagen unseres<br />
heutigen physikalischen Weltbildes“, so Schmidt.<br />
Das klassische Experiment, das auch heutigen Physikstudenten<br />
noch Kopfzerbrechen bereitet, ist die Streuung quantenphysikalischer<br />
Teilchen am Doppelspalt. Solange es unbeobachtet<br />
ist, scheint jedes einzelne Teilchen durch beide Schlitze<br />
des Spalts zu gehen. Es bildet – ähnlich wie Wasserwellen – ein<br />
Interferenzmuster hinter dem Spalt. Dieses verschwindet aber,<br />
sobald man eine Information über den Weg des Teilchens zu gewinnen<br />
versucht, etwa durch die Wechselwirkung mit einem<br />
Lichtteilchen.<br />
Einstein argumentierte, man müsse gar nicht nachsehen, wo<br />
das Teilchen ist, denn es verrate seinen Ort indirekt, indem es<br />
beim Passieren des Spalts einen Impuls überträgt: Ginge es durch<br />
campushunter ® .de Wintersemester 2013/2014<br />
Das Doppelspaltexperiment an einem Wasserstoff-Deuterium-<br />
Molekül zeigt: Wenn man Atome bei der Streuung am Doppelspalt<br />
nicht beobachtet, gehen sie durch beide „Schlitze“<br />
gleichzeitig. Das lässt sich daraus schließen, dass das Molekül<br />
gleichzeitig in eine Rechts- und eine Linksrotation versetzt<br />
wird. Die unterschiedlichen Massen der „Schlitze“ führen zu<br />
einer Krümmung der Interferenzstreifen.<br />
linken Schlitz, erfahre das Beugungsgitter einen minimalen<br />
Stoß nach links, und entsprechend nach rechts, wenn es durch<br />
den rechten Spalt geht. Bohr konterte, auch das Beugungsgitter<br />
verhalte sich wie ein quantenmechanisches System, das heißt, es<br />
müsse gleichzeitige in beide Richtungen abgelenkt werden.<br />
Dass diese verrückt klingende Vermutung tatsächlich richtig<br />
ist, haben Dörner und seine Mitarbeiter jetzt durch die Streuung<br />
von Helium-Atomen an einem „Doppelspalt“ aus Wasserstoff-<br />
Deuterium-Molekülen nachgewiesen. Das Ergebnis stimmt mit<br />
den Vorhersagen von Kollegen aus Paris, die hierzu ein quantenmechanisches<br />
Modell entwickelt haben, überein – mit den<br />
Modellen der klassischen Physik lassen sich die gemessenen<br />
Ergebnisse nämlich nicht beschreiben.<br />
Wie die Forscher gemeinsam in der aktuellen Ausgabe der<br />
Fachzeitschrift „Physical Review Letters“ mitteilen, bewirkt bei<br />
ihrem Experiment der Impulsübertrag bei der Streuung eine<br />
Rotation des Moleküls. In welche Richtung es rotiert, können die<br />
Physiker indirekt schließen. Sie betrachten Prozesse, bei denen<br />
der molekulare „Doppelspalt“ durch den Stoß in einen angeregten<br />
Zustand übergeht und dann auseinander bricht. Aus den<br />
Bruchstücken können sie den Drehsinn rekonstruieren. „Da wir<br />
bei dieser Versuchsanordnung nicht beobachten, durch welches<br />
Loch das Teilchen gegangen ist, passiert genau das, was Bohr<br />
vorhergesagt hat: D er Doppelspalt rotiert gleichzeitig mit und<br />
gegen den Uhrzeigersinn“, erklärt Schmidt.<br />
■<br />
Weitere Informationen<br />
Prof. Reinhard Dörner<br />
Institut für Kernphysik, Campus Riedberg<br />
Tel.: (069) 798-47003<br />
doerner@atom.uni-frankfurt.de<br />
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