Thermikfliegen Sonderheft Thermikfliegen Sonderheft (Vorschau)
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Über allen Gipfeln ...<br />
<strong>Thermikfliegen</strong> in den Alpen<br />
Hans Glatthorn<br />
… da ist keine Ruh‘, da hat es Thermik, und zwar vom Allerfeinsten (von Wetterkapriolen wie<br />
Nebel mit zwei Metern Sicht, Schneestürmen oder Dauerregen mal abgesehen)! Modell-Autor<br />
Hans Glatthorn hat fast 50 Jahre Erfahrung im Umgang mit alpiner Thermik. Anabatische und<br />
katabatische Winde, haben Sie nie gehört? Lesen Sie los! Was Hans Glatthorn weiß und in<br />
all den Jahren an den alpinen Hängen erlebt hat, hat er hier für Sie notiert.<br />
Wir unterscheiden zunächst einmal<br />
Thermik im Flachland und Thermik im<br />
Gebirge. Die physikalischen Voraussetzungen<br />
für die Thermik sind zwar dieselben,<br />
es gibt jedoch einige (oder besser gesagt: etliche)<br />
beachtenswerte Unterschiede bei der Entstehung.<br />
Also, wir stehen zunächst frühmorgens<br />
(also kurz vor Mittag) im Flachland. Die Sonne<br />
scheint, die Luft ist klar, die Vögel zwitschern, wir<br />
haben gut gefrühstückt, es gibt wenig Luftbewegung,<br />
einen wolkenarmen Himmel und einen<br />
abwechslungsreichen Untergrund (wie in den anderen<br />
Artikeln in diesem <strong>Sonderheft</strong> ausführlich<br />
beschrieben).<br />
Dieser wird sich unterschiedlich erwärmen<br />
und damit Luftpakete mit unterschiedlichen<br />
Temperaturen zur Folge haben. Die Sonne steigt<br />
immer höher, der Einstrahlwinkel, der im Flachland<br />
für das ganze Gelände mehr oder weniger<br />
gleich ist, verbessert sich laufend. Wir warten auf<br />
das Erreichen der Auslösetemperatur, bei der<br />
sich die ersten Ablösungen vom Boden erheben<br />
können. Dabei ist natürlich für das Steigen der<br />
Thermikblase die Temperaturdifferenz zur Umgebungsluft<br />
von ausschlaggebender Bedeutung. Ganz einfach gesagt, bei<br />
zwei Grad Unterschied steigt die Blase mit etwa einem Meter pro Sekunde,<br />
bei knapp über drei Grad Differenz mit etwa zwei Metern pro Sekunde und<br />
bei einer angenommenen Temperaturdifferenz von fünf bis sechs Grad der<br />
Blase zur Umgebungsluft mit erstaunlichen vier Metern pro Sekunde! Natürlich<br />
immer abhängig von einer Vielzahl weiterer Faktoren wie Höhe oder<br />
Feuchtigkeitsgehalt der Luft. So weit zum Flachland, aber das Thermikgeschehen<br />
im Gebirge weicht deutlich davon ab!<br />
Im Gebirge kommen zwei weitere wichtige Faktoren hinzu, die dieses<br />
Geschehen gravierend beeinflussen. Der schon angesprochene Einstrahlwinkel<br />
der Sonne, der im Flachland wegen der Ebenheit des Geländes<br />
nicht die überragende Bedeutung hat, und der tägliche, typische Wetterablauf.<br />
Gegenüber dem Flachland hat das Gebirge aufgrund der ständig<br />
wechselnden Hangneigungen ein erheblich aktiveres Thermik- und damit<br />
auch Wettergeschehen. Sanft geneigte Almwiesen wechseln mit steilen<br />
Anstiegen ab. In hohen Felsregionen ergeben die unterschiedlichen<br />
Einstrahlwinkel zwischen Schutthalden mit weniger Neigung und steilem<br />
gewachsenem Fels thermikträchtige Geländeabschnitte.<br />
Dazu kommt, dass die Beschaffenheit des Untergrunds oft vielfältiger<br />
ist als im stärker landwirtschaftlich genutzten Flachland. Es können mehr<br />
Gebiete mit Temperaturdifferenzen entstehen, durch die Vielzahl markanter<br />
Auslösepunkte und Abrisskanten stehen mehr Thermikquellen zur Verfügung,<br />
die besser – da von oben einzusehen – lokalisiert und angeflogen<br />
werden können. Die stärksten zu beobachtenden sind dabei Schneefelder<br />
über aufgeheizten Schutthalden. Die über dem Schnee abgekühlte Luft<br />
30 Thermik 2012