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Thermikfliegen Sonderheft Thermikfliegen Sonderheft (Vorschau)

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Herr Wachtmeister, ich schwöre, ich habe nichts gesehen!<br />

Fliegen im Nebel ist etwas für Genießer und<br />

entspannte Naturen. In der abwechselnd stabil und labil<br />

geschichteten Luft steigt es sich, wenn überhaupt,<br />

nur recht langsam. Spaß macht es trotzdem. Und kein<br />

Mensch ist am Flugplatz, herrlich ...<br />

Der Anfang vom Untergang: Wer glaubt, gute Luft findet sich nur bei voller Sonneneinstrahlung,<br />

der irrt. Am Abend geben die dunklen Bereiche am Boden (Bäume,<br />

Teerdächer) die gespeicherte Wärme ab. Dann geht es nach oben, selbst wenn<br />

die Sonne so gut wie verschwunden ist!<br />

Donnerwetter: Wie man an diesem uralten, aber dokumentarisch<br />

wertvollen Bild sieht, steigt es selbst während<br />

eines nicht gerade kleinen Gewitters. Mensch,<br />

waren wir „damals“ tollkühn – die Sender mit den langen<br />

Angelruten, und der Blitz schlägt 300 Meter weiter<br />

ein. Bitte nicht nachmachen!<br />

Gedämpfte Landung: Wer bei Schnee, wie ich, hin und<br />

wieder Thermik sucht, der freut sich über den weichen<br />

Boden. Neue Modelle und Eigenbau-Experimente landen<br />

so einfach bruchfreier. Und gelegentlich erwischt<br />

man doch einen Bart. Und die Kollegen, die zu Hause<br />

vor der Flimmerkiste sitzen, die ärgern sich<br />

stört der Schnee nicht. Anders ist es, wenn wir<br />

einen herrlichen Wintertag haben und die Sonne<br />

ungestört vom Himmel brennt. Schauen Sie mal<br />

genau hin, genau, der Winkel – es ist ja Winter,<br />

also klettert die Sonne weniger hoch. (Zugegeben,<br />

das ist nicht ganz korrekt formuliert. Und ja,<br />

es hat sich selbst bis zu mir herumgesprochen,<br />

dass sich die Erde um die Sonne dreht. Also<br />

ist Mutter Erde eindeutig für den geringen Sonnenstand und den falschen<br />

Winkel verantwortlich. Schade, dass die Erde offensichtlich keine Scheibe<br />

ist, vielleicht könnten wir so mit den Seglern an der Kante surfen?)<br />

Flacher Einstrahlwinkel, das bedeutet deutlich weniger Einstrahlkraft.<br />

Weniger heißt aber nicht gleich null – also gibt es selbstverständlich im<br />

Winter Thermik. Wenn auch nicht so explosionsartig und stark wie im Frühjahr<br />

oder Herbst. Böen, wie Sie es von thermisch starken Tagen kennen,<br />

die finden Sie an Wintertagen nicht. Eher die zarte Thermik, die sich in größeren<br />

Zeitabständen von den typischen Auslösepunkten wie Bodenwellen,<br />

Gebäuden, Büschen und Baumreihen löst. Direkt über einer geschlossenen<br />

Schneefläche ist die Thermikausbeute relativ gering. Der helle Schnee<br />

reflektiert den größten Teil der Sonneneinstrahlung. Mittelgraue Feldwege<br />

und Straßen bieten sich dann an, vorausgesetzt, sie sind geräumt. Der Asphalt<br />

erwärmt sich, unser Luftpaket steigt auf – und schon geht es los. Der<br />

limitierende Faktor sind sicherlich die Finger (und die Nase!), Ganzjahres-<br />

Hangpiloten (die Männer mit den wettergegerbten Gesichtern) wissen da<br />

ein Lied von zu singen. Stecken Sie Ihren Sender also in so eine stylische<br />

„Eigentumswohnung“ mit Dach, aber bitte konzentrieren Sie sich auf den<br />

Flug und kraulen Sie nicht mit Ihren Fingern die ganze Zeit das kuschelige<br />

Bärenfell in der Haube.<br />

Sturm? Ja, wenn der Himmel teilweise frei ist und die Sonne noch<br />

Kraft unter den Armen hat, dann gibt es Thermik – allerdings bei jenseits<br />

der sechs Windstärken mehr als deutlich vom Wind versetzt und stark<br />

turbulent. Das sind Stunden, an denen Sie Ihre Reaktionsfähigkeit an den<br />

Knüppeln auf die Probe stellen dürfen – enges Kreisen ist hier angesagt.<br />

Ein einziger Kreis, dabei je nach Wind das Modell in dem Bart gleich um 30<br />

oder mehr Meter mit versetzen, das ist nichts für extrem entspannte Persönlichkeiten<br />

an den Rudern. Aber auch hier gilt: Es ist mal was anderes und<br />

macht, das passende Modell vorausgesetzt, einen enormen Spaß! Einen<br />

Haken gibt es – denken Sie rechtzeitig an den zähen Heimweg aus dem<br />

Lee zurück gegen den Wind. Hier sollte man die Streckenleistungen seines<br />

Modells sehr genau kennen, sonst gibt es einen peinlich langen Fußweg ...<br />

Schneefall, Nieselregen und andere Kapriolen? Für Sie kein hinreichender<br />

Grund, den Tag vor der Flimmerkiste zu verbringen. Etwas geht immer!<br />

Ja, dieser Spruch ist aus der Werbung geklaut, aber er passt wie kein<br />

zweiter an den Schluss dieses Kapitels – wenn Sie es nicht ausprobieren,<br />

werden Sie nicht wissen, was Sie unter Umständen verpassen. Thermik<br />

gibt es selbst bei schlechtem Wetter, nur eben nicht so gewaltig wie an<br />

einem typischen Frühlingsmorgen. Aber glauben Sie es mir, es sind diese<br />

„verrückten“, extremen Flugstunden, die einem über Jahre in Erinnerung<br />

bleiben. Die verblassen niemals in der Erinnerung: Der Nebel wird nur<br />

immer dichter, der Schneesturm immer kälter, die Flüge immer länger – und<br />

das mit jeder einzelnen Erzählung ...<br />

64 Thermik 2012

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