Thermikfliegen Sonderheft Thermikfliegen Sonderheft (Vorschau)
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Torsten Falk<br />
Wolken und Thermik<br />
Genau lesen, bitte! Eine unverschleierte Wolkenkunde<br />
Sag mal, Hannes, was ist eine Wolke?<br />
Hmm, grübelt da der überraschend<br />
Gefragte, kratzt sich verlegen<br />
den Dreitagebart und starrt<br />
mit großen Augen Worte suchend<br />
an den Himmel: „Eine Wolke, das<br />
ist ein weißer, bauschiger Knubbel,<br />
sieht manchmal aus wie ein lustiges<br />
Tier aus Watte und fliegt langsam<br />
wie ein Zeppelin von links nach<br />
rechts über den Himmel!“ Nun, liebe<br />
Leser, reicht uns das? Nein, wir<br />
lesen weiter ...<br />
Willkommen im Klub der anonymen Nephologen,<br />
das gehört zur Meteorologie,<br />
so nennen sich die Wolkenkundler.<br />
„Nephos“, das ist die Wolke auf griechisch.<br />
Und eben diese Nephologen (kein Scherz, das<br />
ist tatsächlich ein Beruf! Aber verwechseln Sie<br />
das bitte nicht mit den Nephrologen, das sind<br />
Nierenfachärzte) sortieren Wolkenbilder in einen<br />
sogenannten Wolkenatlas ein. In diesem finden<br />
sich zehn Wolkengattungen und deren 14 Arten,<br />
neun Unterarten und neun Sonderformen. Alles<br />
säuberlich seit Mitte der 50er-Jahre sortiert und<br />
aufgelistet. Hätten Sie’s gewusst? Ich nicht!<br />
Wirrer Wolkenmischmasch beim Wettbewerb: Rechts im Bild ist eine Cumulus,<br />
der so langsam die Luft (die Thermik) ausgeht, sie löst sich auf, von links rückt<br />
eine (deutlich höhere) Altocumulus-Bewölkung nach. Nicht der beste Garant für<br />
ungebremste Thermikstunden<br />
Und was bringt das? Ganz einfach, wenn man Form und Aussehen einer<br />
Wolke richtig deuten kann, lassen sich sehr genaue Aussagen zur örtlichen<br />
Wetterentwicklung machen. Und an der Stelle wird es endlich wieder für<br />
uns Modellflieger interessant!<br />
Unter der Lupe betrachtet ist eine Wolke natürlich nicht aus Watte (wer<br />
hätte das gedacht!), sondern ein Aerosol, ein Gemisch aus festen oder<br />
flüssigen Schwebeteilchen und einem Gas. Dieses Gasgemisch ist unsere<br />
Luft – die bei uns allen beliebte Mischung aus Stickstoff, Sauerstoff und<br />
einer winzigen Prise Argon, Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff. Und obwohl<br />
in unserer Luft fast ein halbes Prozent Wasserdampf enthalten ist, besteht<br />
eine Wolke nicht, wie oft fälschlich gedacht, aus Wasserdampf. Wasserdampf<br />
ist unsichtbar.<br />
Eine Wolke entsteht durch Kondensation. Erinnern Sie sich an das, was<br />
Ihr alter Physiklehrer gepredigt hat – das ist der Übergang eines Stoffes<br />
vom gasförmigen in den flüssigen Aggregatzustand.<br />
So, wir wollen das ganze Thema nicht unnötig komplizieren, was interessieren<br />
uns Modellpiloten die Taupunkttemperatur oder dass in den Wolken<br />
über der Nordsee Salzkristalle und in den Wolken über den Ozeanen<br />
Bestandteile von Algen stecken.<br />
Wussten Sie, dass die Re-Zahl eines Wassertropfens in einer Wolke<br />
unter 0,1 liegt? Und dass so ein typischer Tropfen in der Wolke nur mit etwa<br />
einem einzigen unglaublichen Zentimeter pro Sekunde sinkt? Das sind<br />
Werte, davon träumen die Entwickler von Hochleistungsprofilen an ihren<br />
Supercomputern! Sie sehen schon, eigentlich sinken Wolken langsam<br />
Richtung Erde, wenn da nicht die Thermik wäre, die sie stabilisiert und sogar<br />
weiter steigen lässt.<br />
Wir ersparen uns an dieser Stelle große Abhandlungen über die Geburt<br />
einer Wolke, das weiß jeder Viertklässler: Rom, acht Uhr, die Sonne brennt!<br />
Das Wasser verdunstet, die Wasserteilchen steigen mit der warmen Luft<br />
nach oben, die Luft kühlt beim Aufsteigen langsam ab, je kühler sie wird,<br />
umso weniger Wasser kann die Luft transportieren. Wenn dann die Luft<br />
8 Thermik 2012