Thermikfliegen Sonderheft Thermikfliegen Sonderheft (Vorschau)
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einprägen sollten! Nur dann sind Sie (vom Zufall<br />
mal abgesehen) kontrolliert in der Lage, das<br />
Zentrum zu erwischen. Und zu halten! Sobald<br />
es in Ihrem Bart wieder deutlich nach oben geht,<br />
haben Sie ihn zentriert. Sollte es Sie noch einmal<br />
rausdrücken (Unverschämtheit!), fliegen Sie<br />
durch diesen von Ihnen genau vermessenen und<br />
im Gedächtnis abgespeicherten Raum ein oder<br />
zwei weitere Suchschleifen, bis Sie das Steigen<br />
wieder erwischen. Und, war‘s das dann? Ein Mal<br />
zentriert, immer zentriert – nein, so funktioniert<br />
das (leider!) nicht. Höchstens bei ganz leichten<br />
Bedingungen ohne Wind kann man diesen Eindruck<br />
haben. Sie schauen einfach während des<br />
ganzen Flugs auf Ihren Segler – wo im geflogenen<br />
Kreis steigt er besser? Korrigieren Sie bitte<br />
permanent, lassen Sie sich von dem Bart mitnehmen,<br />
kreisen Sie auf gar keinen Fall (das machen<br />
viele Einsteiger, die das Modell ungern zu<br />
weit wegfliegen lassen) immer relativ zum Boden<br />
an derselben Stelle. Das geht vielleicht zwei Minuten<br />
gut, dann ist der Bart weg, und Sie rühren<br />
munter im Saufen rum. Bis Sie das mitkriegen, ist<br />
es meist zu spät, die Thermik ist weitergezogen.<br />
Wenn Sie schon rausfallen und neben der Thermik<br />
kreisen, dann ist es taktisch immer klüger,<br />
„vor“ dem Bart auf das Steigen zu warten, sprich<br />
zu kreisen. Gemeint ist die Richtung, in der sich<br />
der Bart bewegt, also hier auf Ihren Segler zu.<br />
Stellt man sich dabei nicht zu ungeschickt an,<br />
greift der Bart und nimmt einen mit.<br />
Steil einkreisen, ziehen – und aufwärts geht<br />
es mit dem Fahrstuhl. Lassen Sie sich nicht entmutigen,<br />
selbst ausgebuffte Profis und Thermikexperten<br />
mit einem Keller voller Pokale fallen mit<br />
schöner Regelmäßigkeit aus allen Wolken (sprich<br />
den Bärten) und haben drei oder vier Versuche,<br />
bevor sich einer fragt, ob die ihre blinkenden<br />
Pötte vielleicht auf ebay geschossen haben ...<br />
Das, was jetzt so einfach klingt, kann durch<br />
widrige Umweltbedingungen wie starkem Wind<br />
natürlich deutlich anspruchsvoller werden.<br />
Nehmen wir nur den alltäglichen Fall, spürbaren<br />
Wind um etwa drei Beaufort. Wussten Sie, dass<br />
die Beaufortskala 1949 auf 18 Stufen erweitert<br />
wurde? Offiziell haben wir seitdem „Windstärke<br />
17“, definiert als „größer als 202 km/h“! Nein,<br />
das ist nichts für Ihre Vollkohle-Hangfräse mit<br />
zwei Metern Spannweite und Untergewicht. Gut,<br />
dass es solchen Wind in unseren Breiten (noch)<br />
nicht gibt!<br />
Zurück zu den schmusezarten drei Windstärken<br />
auf der sonntäglichen Lieblingsflugwiese:<br />
Jetzt finden wir die Thermik nicht mehr ganz so<br />
nach Lehrbuch wie an windstillen Tagen. Bei<br />
Wind und Wetter „verstecken“ sich die Bärte oft<br />
im Lee, auf der windabgewandten Seite. Das<br />
an sich ist noch kein Drama. Nur, wenn Sie in<br />
diesen Bart einsteigen, nimmt er Sie noch weiter<br />
vom Flugplatz weg. 500 Meter und mehr sind da<br />
schnell passiert. Kein Problem, sagen Sie sich,<br />
sie steigen ja gut – aber Vorsicht! Sie müssen<br />
Ihren geflügelten Liebling ja wieder nach Hause<br />
auf den Flugplatz bringen, und das gegen frischen<br />
Wind und durch richtig böses Saufen hindurch.<br />
Da können schon 250 Meter Strecke (bei<br />
vielleicht 300 Metern Flughöhe) zu einer richtig<br />
Maximal majestätisch: Leichtsegler unter 500 Gramm, mit einer Spannweite von<br />
zwei Metern und darüber gleiten oft erstaunlich langsam durch gute Luft. Ist Ihr<br />
Modell perfekt eingestellt, also nicht zu kopflastig, merken Sie die winzigste Luftveränderung,<br />
es geht sofort wie im Fahrstuhl nach oben<br />
Alles Kohle, oder was: Nein, der Spaß in der Thermik hat absolut nichts mit dem<br />
Preis des Modells zu tun. Dieser preiswerte »Spinnin‘ Birdy« mit einem Meter<br />
Spannweite kostet gerade 80,– Euro, macht beim engen Kreisen in Augenhöhe<br />
aber Spaß wie ein High-Techler für 800,– Euro. Einfach aus der Hand in die Thermik<br />
schleudern und dann minutenlang steigen<br />
nervenaufreibenden Distanz werden. Sicher, Sie machen den Gleiter so<br />
schnell, wie es eben geht, trimmen noch ein paar Zacken nach vorn. Aber<br />
er muss gegen den Wind und die kalte, nachströmende Luft der Thermik<br />
ankommen. Leichte Modelle haben da keine guten Karten, die hängen auf<br />
einmal wie ein Blatt im Wind und bewegen sich relativ zum Flugplatz so gut<br />
wie nicht mehr von der Stelle. Sinken (und zwar drastisch) tun sie allerdings<br />
trotzdem.<br />
Gibt es für dieses Problem eine Art nicht verschreibungspflichtiges<br />
Allheilmittel? Ja, vorher die Augen aufhalten und das Modell nicht überfordern.<br />
Wer so auf Risiko fliegt, sollte vorher wissen, wie gut und schnell sein<br />
Segler durch die schlechte Luft nach Hause zurückkommt. Ich habe schon<br />
modern profilierte Segler der 2-m-Klasse gesehen, die bei einer Flughöhe<br />
54 Thermik 2012