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Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht

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Vortragsveranstaltungen der Jahre 2001 <strong>und</strong> 2002 Dialogforum Naturschutz 55<br />

das Bestreben entgegen, bauliche Verdichtungen in den Kernstädten vorzunehmen, um diese aufzuwerten, vorhandene<br />

Infrastruktur ökonomisch zu nutzen, kurze Wege zu fördern <strong>und</strong> Suburbanisierung einzuschränken. Dies betrifft sowohl<br />

die Bebauung von immer noch bestehenden, durch den 2. Weltkrieg entstandenen Baulücken (besonders aufholend in<br />

Ostdeutschland) als auch die großräumige Neubebauung von ehemaligen innerstädtischen Industrie- <strong>und</strong> Bahnanlagen<br />

zur Aufwertung der Kernstädte (z.B. Planung des Frankfurter Bahnhofsviertels).<br />

Angesichts großer, wachsender baulich genutzter Flächen ist das Verhältnis von Kultur <strong>und</strong> Natur (Sieverts 1998b) in<br />

urbanen Landschaften von zunehmender Bedeutung. Die Dimensionen von Natur sind in dicht bebauten Kernräumen im<br />

Vergleich mit dem Stadtumland verständlicherweise geringer. Die Bedeutung dieser Natur ist jedoch hier ebenso groß.<br />

Der Hauptfaktor von Denaturierung in Kernstädten ist neben der Intensität von Pflege von Grünbereichen die Bodenversiegelung.<br />

In den dicht bebauten Stadtteilen nimmt im Zuge von baulichen Erneuerungen <strong>und</strong> autogerechten Gestaltungen die Pflegeintensität<br />

der verbliebenen grünen Restflächen meist zu. Kraftfahrzeugnutzungen sind oft mit zusätzlichen Versiegelungen<br />

<strong>und</strong> einer Reduzierung von Grünräumen im Wohngebiet verb<strong>und</strong>en. Naturnahe Vegetation <strong>und</strong> geringe Pflege<br />

von Grünflächen werden immer weniger toleriert.<br />

Generell sind ein fortschreitender Rückgang von Natur <strong>und</strong> eine Entfremdung der Menschen in urbanen Landschaften<br />

festzustellen. Alle bisherigen Bemühungen zum städtischen Naturschutz haben nur begrenzten Erfolg gehabt. Gesichert<br />

wurden in den meisten Städten so genannte wertvolle Biotope wie Auenwälder, Trockenrasen, Felsfluren <strong>und</strong> Heiden.<br />

Der Entgrünung der Wohngebiete <strong>und</strong> dem Verlust von Naturbezug im Alltagsleben der Stadtbevölkerung konnte damit<br />

allerdings nicht entgegengewirkt werden. Insbesondere ist ein zunehmender Verlust an Kleinstrukturen der Naturausstattung<br />

(Hecken, Grünstreifen, Spontanvegetationssäume, alte Obstgärten in Innenhöfen, Vorgärten <strong>und</strong> Einzelbäume) festzustellen.<br />

Auch im Naturschutz regen sich immer mehr die Stimmen, die eine soziale Orientierung fordern (z.B. Trepl 1991, Breuste<br />

1995, Rebele 1999). Natur <strong>und</strong> Landschaft einerseits <strong>und</strong> Menschen in ihren täglichen Lebensabläufen müssen angesichts<br />

wachsender Entfremdung von der Natur wieder in größere räumliche Nähe gebracht werden. Das geht nur mit<br />

mehr Natur in der Stadt, mit weniger Kompaktheit oder durch Nutzung der Chancen, Stadtbürger mit Natur in diffusen,<br />

weniger dicht besiedelten urbanen Landschaften wieder zusammenzubringen. Damit würde die gegenseitige Durchdringung<br />

von urbanen baulichen Nutzungen <strong>und</strong> Natur auch Vorteile bringen. Dies ist nicht zuletzt überdenkenswert angesichts<br />

des in der Nachhaltigkeitsdebatte diskutierten notwendigen stärkeren regionalen Bezugs von Wohnen, Erholung<br />

<strong>und</strong> Arbeiten. Vielleicht müssen wir uns auch auf eine Gesellschaft einrichten, die Landschaftsqualitäten nicht mehr<br />

billig <strong>und</strong> schnell weit außerhalb der Städte anbieten kann, sonders deren Städter wieder auf ihre Nahumgebung angewiesen<br />

sind. Große kompakte Städte ohne ausreichende grüne Freiräume <strong>und</strong> unterschiedliche Naturangebote (also auch<br />

Wald <strong>und</strong> Wildnatur einschließend) wären da eine schlechte Voraussetzung. Die städtische Grünplanung erkennt bereits<br />

jetzt die wirtschaftliche Chance gestufter Naturpflege <strong>und</strong> nähert sich ökologischen Positionen.<br />

Wenn Natur in der Stadt oder besser in der urbanen Landschaft wieder einen konkreten sozialen Bezug finden würde,<br />

sozusagen eine "Urbanisierung" des Naturschutzgedankens weiter Raum greift (Breuste 1995), dann würde der scheinbare<br />

"Unwert" der "Restnatur" in kompakten Kernstädten auch nicht weiter die fortschreitende "Entgrünung" der Städte<br />

rechtfertigen helfen <strong>und</strong> die Bürger auf entfernte Außenbereiche <strong>für</strong> ihre Naturbedürfnisse verweisen. Städtische Siedlungsräume<br />

sind eben nicht nur "Fragmentvarianten ehemals naturnaher Biozönosen mit hohem Anteil plastischer Arten<br />

<strong>und</strong> geringer Schutzbedürftigkeit" (Plachter 1991, S. 126), sondern genutzte Kulturlandschaften mit vielfältigen Funktionen.<br />

Nutzungstransformation in der Kulturlandschaft findet in jedem Fall <strong>und</strong> sicher auch zum Glück, denn Dynamik ist eine<br />

Dimension ökologischer Entwicklung, weiterhin statt. Eine weniger dichte, Natur <strong>und</strong> Menschen wieder verbindende<br />

neue urbane Kulturlandschaft könnte bisherige Nachteile der "alten" kompakten europäischen Stadt ausgleichen <strong>und</strong> neue<br />

Vorteile nutzbar machen. Also gilt es Vor- <strong>und</strong> Nachteile kritisch zu prüfen, Visionen zu entwickeln <strong>und</strong> gemeinsam an<br />

Leitbildern zu arbeiten, denn eins ist sicher: Es gibt gegenwärtig kein Leitbild urbaner Kulturlandschaft!<br />

7. Konzepte auf dem Weg zur Nachhaltigen Stadtentwicklung<br />

7.1 Kommunales <strong>Umwelt</strong>management<br />

<strong>Landesamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Umwelt</strong>, <strong>Wasserwirtschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewerbeaufsicht</strong>

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