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Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht

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Vortragsveranstaltungen der Jahre 2001 <strong>und</strong> 2002 Dialogforum Naturschutz 69<br />

lungen von Duany <strong>und</strong> Plater-Zyberk maßgeblich von den Gestaltungsmethoden, die Disney in seinen Themenparks<br />

verwendet, beeinflusst worden sind. Denn die Anhänger des CNU versuchen, die Wahrnehmung darüber, was urbane<br />

Qualitäten bedeuten <strong>und</strong> wie sie visuell herzustellen seien, dadurch zu beeinflussen, dass sie diese Fragen auf eine bestimmte<br />

städtebauliche Anordnung der Gebäude <strong>und</strong> historisierende Architektur vereinfachen. In dieser Reduzierung <strong>und</strong><br />

Aneignung eines Bildes entsprechen ihre künstlichen Versionen einer Kleinstadt durchaus dem Modell der Main Street<br />

U.S.A., die den zentralen Bereich von Disneyland <strong>und</strong> Magic Kingdom bilden (Zukin 1991, S. 265).<br />

Zukins Meinung, dass sich die New Urbanists von Anfang an am Modell Disney orientierten, wurde im Frühjahr 1997<br />

bestätigt, als Andres Duany in einem Interview berichtete, dass der Ausdruck neotraditional, den er <strong>und</strong> seine Mitstreiter<br />

ihrer Architektur gegeben haben, ein Begriff ist, den sie aus dem Vokabular des Disney-Marketing übernommen haben.<br />

Nach Duanys Angaben wurde das Wort neotraditional erstmalig verwendet, als 1985 die Firma Stanford Research Institute<br />

vom Disney-Konzern damit beauftragt wurde, herauszufinden, was <strong>für</strong> eine Gesinnung der typische K<strong>und</strong>e der Babyboomer<br />

genannten Generation der in den Nachkriegsjahren Geborenen haben würde. Die Marktforscher beschrieben<br />

mit neotradional schließlich die von dieser Zielgruppe bevorzugten Waren: Produkte, die moderne <strong>und</strong> traditionelle Elemente<br />

auf effiziente Weise miteinander verknüpfen, wie beispielsweise eine viktorianische Kaminuhr mit modernster<br />

Technik im Inneren (Harvard Design Magazine 1997).<br />

Aus dieser Beschreibung wird bereits deutlich, welche Zielgruppe die neotraditionellen Siedlungen wie Celebration haben.<br />

Es sind die Babyboomer, also die erste Generation von Amerikanern, die in der von Einfamilienhäusern, highways<br />

<strong>und</strong> Shoppingmalls geprägten suburbia aufgewachsen ist <strong>und</strong> die zu den traditionellen amerikanischen Kleinstädten deshalb<br />

nur noch wenig Bezug hat. Stattdessen ist ihre Meinung über Städte nicht selten von deren sozialen <strong>und</strong> ökonomischen<br />

Problemen oder Vorurteilen über die Bewohner der Städte geprägt. Die wenigen positiven Vorstellungen von<br />

„Stadt“, <strong>und</strong> insbesondere von historischer Kleinstadt, die viele Angehörige dieser in der suburbia aufgewachsenen Generation<br />

haben, stammen indessen oft aus Disneys Themenparks. Denn als in den fünfziger Jahren die meisten Angehörigen<br />

der amerikanischen Mittelklasse die Städte verließen, um sich in den hauptstraßenlosen Vororten der Nachkriegszeit<br />

niederzulassen, bot ihnen Disneyland mit der Main Street U.S.A. das idealisierte Bild einer nun Vergangenheit gewordenen<br />

„städtischen Epoche“. Zwar handelt es sich dabei lediglich um eine historistische, ästhetisierende <strong>und</strong> unter Aneignung<br />

der Filmkulissentechnik entwickelte Version eines amerikanischen Kleinstadtzentrums, das es so beschaulich,<br />

friedlich <strong>und</strong> sauber nie gegeben hat (Zukin 1991). Doch diese äußerst selektive Wahrnehmung von Stadt entsprach den<br />

Wunschvorstellungen Walt Disneys ebenso wie dem antizipierten Idealbild vieler Angehöriger der amerikanischen Mittelklasse.<br />

Deren kollektives Gedächtnis wurde so durch Disney reflektiert <strong>und</strong> zu einem Bild verarbeitet, das als Main<br />

Street U.S.A. als Urlaubsereignis erlebbar wurde (Zukin 1991).<br />

In diesem Sinne fungiert die Main Street U.S.A. als genau das, was ihr Name ja auf gewisse Weise auch bedeutet: als eine<br />

Art ideelle Hauptstraße <strong>für</strong> die Bewohner der hauptstraßenlosen amerikanischen Suburbs. Der Disney-Konzern ist sich<br />

dieses kulturellen Kapitals bewusst <strong>und</strong> versucht nun, da mit der zunehmenden Popularität des New Urbanism die urbanen<br />

Qualitäten der traditionellen Main Street wieder entdeckt <strong>und</strong> neu erf<strong>und</strong>en werden, dieses auch <strong>für</strong> sich zu nutzen.<br />

Mit Celebration bietet er nun selbst eine weitere Variation desselben Motivs auf dem immer größer werdenden Markt <strong>für</strong><br />

neotraditonelle Siedlungen an. So greift Disney auf das von ihm selbst geprägte Kleinstadt-Idealbild in den Köpfen der<br />

Menschen zurück. Damit wird aus der Main Street U.S.A., die selbst nur eine Inszenierung <strong>für</strong> Touristen war <strong>und</strong> die<br />

unter Verwendung von Filmkulissentechnik gestaltet worden war, wieder ein Abbild gewonnen, das als Kopie einer Kopie<br />

wieder zu einer echten Stadt wird.<br />

Symbole einer kleinstädtischen Idylle<br />

Der Versuch, mit Celebration eine Art Idealversion historischer Kleinstadt zu schaffen, zeigt sich aber nicht nur an den<br />

städtebaulichen Prinzipien, sondern auch an dem architektonischen Programm. Um ein idyllisches Stadtbild zu schaffen,<br />

verpflichtet der Disney Konzern die Bewohner, beim Bau ihrer Häuser strenge Gestaltungsrichtlinien einzuhalten. Zu<br />

diesem Zweck ist unter der Leitung von Robert A.M. Stern ein Celebration Pattern Book genanntes Musterbuch zusammengestellt<br />

worden, in dem von den möglichen Gr<strong>und</strong>rissen über die Farbwahl bis ins kleinste Detail geregelt ist, welche<br />

Gestaltungselemente möglich sind. Zwar können sich die Bauherren ihre Häuser selbst aus einem umfassenden Katalog<br />

einzelner Elemente zusammenstellen. Sie haben sich dabei aber an einen von sechs möglichen historisierenden „Stilen“<br />

zu halten, die der traditionellen Südstaaten-Architektur entlehnt sind: Classical, Victorian, Coastal, Mediterranian,<br />

French oder Colonial Revival.<br />

Die Existenz von Gestaltungsvorschriften in Celebration ist als solche allerdings gar nicht so bemerkenswert, denn Regelungen<br />

dieser Art sind in neu gegründeten Wohnvororten nicht unüblich. Ebenso ist das Patternbook natürlich keine Er-<br />

<strong>Landesamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Umwelt</strong>, <strong>Wasserwirtschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewerbeaufsicht</strong>

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