BEST OF Otto Brenner Preis 2010 - Otto Brenner Shop
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Meine sehr geehrten Damen<br />
und Herren!<br />
Die vergangenen Wochen und Monate<br />
waren nicht gerade, was man als<br />
Glanzzeit des deutschen Journalismus<br />
bezeichnen kann. Sie zeugten vielfach<br />
von der Neigung unserer Profession,<br />
sich lieber mit uns selbst und unseren<br />
jeweiligen publizistischen Gegnern als<br />
mit den DINGEN zu beschäftigen.<br />
In der 14. Ausgabe der „Encyclopedia<br />
Britannica“, die 1929 erschien, wird der<br />
„Journalist“ folgendermaßen definiert:<br />
„Während Qualifikation und Status von<br />
Geistlichen, Ärzten und vielen anderen<br />
Berufen klar umschrieben sind, folgt<br />
der Journalist immer noch einer eher<br />
vagen Berufung, bei der weder was er<br />
können muß, noch was er darstellt,<br />
präzise definiert ist.“ Mit anderen Worten:<br />
Journalisten wissen nicht ganz<br />
genau, was sie tun. Und die Öffentlichkeit<br />
weiß es auch nicht. Weil ich selbst<br />
Journalistin bin, will ich nicht behaupten,<br />
hier jetzt Licht ins Dunkel zu bringen.<br />
Zumal, da die Berufe von Ärzten<br />
und Geistlichen auch nicht ganz so präzise<br />
umrissen sind, wie die „Encyclopedia<br />
Britannica“ sich das 1929 vorgestellt<br />
hat: Mancher Arzt tut sich als Prediger<br />
hervor, und mancher Geistliche<br />
ist ein ökonomischer Analyst erster Güte.<br />
Ich mache heute das, was wir Journalisten<br />
am liebsten machen: Die Journaille<br />
kritisieren – und ein bißchen loben.<br />
Einige Usancen sind eingerissen, die<br />
wir alle mitbetreiben, die aber in dem<br />
Maße, wie wir es tun, zur Verdunkelung<br />
der Dinge beitragen und uns, den Journalisten,<br />
nicht zu Lob gereichen.<br />
Man kennt die Geschichte, sie datiert<br />
in einer unerleuchteten Epoche: Da<br />
betritt ein Mann ein Dorf und schreit:<br />
„Das Ende ist nahe. Währet dem Übel,<br />
bevor es euch verschlingt!“ In dem Fall,<br />
an den ich denke, lautet der Satz so:<br />
„Das Muster des generativen Verhaltens<br />
in Deutschland seit Mitte der<br />
sechziger Jahre ist (...) eine (...) negative<br />
Selektion, die den einzigen nachwachsenden<br />
Rohstoff, den Deutschland<br />
hat, nämlich Intelligenz, relativ und<br />
absolut in hohem Tempo vermindert.“<br />
Tja, wenn die Dorfbewohner gerade<br />
nichts Besseres zu tun haben, dann<br />
Die Festrede zur Verleihung der <strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Preis</strong>e für kritischen Journalismus <strong>2010</strong> ist auch als Film-Mitschnitt über<br />
die Homepage des „<strong>Brenner</strong> <strong>Preis</strong>es“ zugänglich. (Die Redaktion)<br />
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