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BEST OF Otto Brenner Preis 2010 - Otto Brenner Shop

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Leif: Können Sie uns in aller Kürze vermitteln, was für ein Leid das ist. Was sind<br />

die Handicaps, die diese Menschen im Alltag haben?<br />

Freese: Ich meine, die Probleme im Alltag sind – wenn man so will – das Vordergründige.<br />

Man hat Schwierigkeiten, mit der U-Bahn in einen anderen Bezirk zu<br />

fahren. Das ist so, als wenn wir jetzt irgendwo in China stünden. Hinter diesem<br />

Alltagsproblem gibt es weitere Schwierigkeiten, die dann etwa das Selbstbewusstsein<br />

und die Selbstsicherheit der Leute betreffen.<br />

Leif: Gibt es in Deutschland eine soziale Infrastruktur, die sich mit diesen<br />

Menschen beschäftigt? Wer hilft ihnen eigentlich?<br />

Freese: Leider sehr wenige. Hauptsächlich werden VHS-Kurse angeboten – da<br />

wird ein- bis zweimal die Woche dann abends zwei Stunden geübt. Das ist<br />

natürlich zu wenig. Es gibt ganz wenige Einrichtungen, die wirklich Hilfe und<br />

Unterstützung anbieten. Und selbst das ist, wenn man das absolviert hat,<br />

immer noch nicht ausreichend – muss man ehrlicherweise sagen.<br />

Leif: Also ein Problem, das man ganz gerne beiseite schiebt, was niemand wahrhaben<br />

will. Wie ist es Ihnen denn gelungen, die Menschen zum Sprechen zu bringen?<br />

Das war ja bei Ihrer Recherche, bei Ihrem Feature im Grunde das Wichtigste?<br />

Wendt: Ja. Wir haben zwei Protagonisten gefunden, die wir dann auf dem Weg<br />

leider wieder verloren haben. Wir mussten lernen, mit diesem Verlust umzugehen<br />

und haben dann lange Zeit auch erste Gespräche ohne Mikrofon geführt, um ihnen<br />

die Angst zu nehmen. Wir haben uns dann einmal, zweimal, dreimal, sogar bis<br />

zu sechsmal mit den Leuten über einen längeren Zeitraum getroffen und irgendwann<br />

haben sie gemerkt, dass wir sie ernst nehmen, dass wir ihr Problem nicht<br />

lächerlich finden. Zu dem Titel „Immer im Verborgenen“ sind wir deswegen gekom<br />

men, weil das Hauptproblem ist, dass die Leute schwer zu erreichen sind,<br />

weil sie gar nicht erreicht werden wollen. Sie haben irgendwann, meist sehr früh<br />

in ihrer Biografie, die Erfahrung gemacht, dass Bildung nichts positives ist. Sie<br />

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