Der Matrosen- anzug Der Matrosen- anzug - Reklamehimmel
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Gisela Jaacks verweist darauf, daß «mehrere Strömungen»<br />
zusammentreffen mußten, um das<br />
«Costume à la matelot» in der zweiten Hälfte des<br />
18. Jahrhunderts zum Synonym für Kindheitsstatus<br />
(zu ergänzen wäre wieder: In Kreisen des<br />
Hochadels) werden zu lassen.<br />
Für eine dieser Strömungen zeichnen wohl die<br />
führenden britischen Porträtmaler jener Epoche<br />
verantwortlich, allen voran Josuah Reynolds<br />
(1723-1792). Sie waren es, die mit ihrem bewußt<br />
traditionsassoziierenden Historismus unbewußt<br />
der Marinemode Vorschub leisteten. Jaacks: «Die<br />
zeitgenössische Ästhetik verlangte vom Porträt<br />
nicht mehr die jeweils epochentypische, der wechselnden<br />
Mode unterworfene Kleidung, sondern<br />
die zeitlose, gleichsam ‹klassische› Gewandung,<br />
um dem Porträt die Gefahr der Lächerlichkeit für<br />
nachfolgende Generationen zu nehmen.»<br />
Deshalb orientierten sich die englischen Hofmaler<br />
des 18. Jahrhunderts ganz einfach an den englischen<br />
Hofmalern des 17. Jahrhunderts, vornehmlich<br />
an Anthonis van Dyck (1599-1641), der die<br />
Knaben mit Vorliebe in der damals modischen<br />
«spanischen Hose» gemalt hat, einer geraden,<br />
losen, etwa wadenlangen Hose, zu der man ein in<br />
der Taille durch eine Schärpe zusammengehaltenes<br />
Wams trug sowie einen weichen, aufliegenden<br />
Schulterkragen.<br />
«Dieser malerische ‹Van-Dyck-Dreß› der Knaben»,<br />
so die modegeschichtliche Vermutung von<br />
Gisela Jaacks, «verband sich mit dem von den<br />
Erziehungsreformern geforderten bewegungs-<br />
18<br />
freundlichen Anzug zum ‹Costume à la matelot›,<br />
das nun - in seidener Version - als gepflegte Aufmachung<br />
für kleine Jungen des Hochadels populär<br />
wurde.»<br />
Nun wissen wir einiges darüber, wie es zur ersten<br />
Marinemodewelle im europäischen Hochadel<br />
kam, aber immer noch nichts darüber, wie und<br />
wo diese Nouvelle Vogue in die Kinderzimmer<br />
unserer Bürgerhäuser schwappte.<br />
Auch hier liegt die Vermutung nahe, daß mehrere<br />
Strömungen zusammengetroffen sein müssen.<br />
Und eine davon war sicher der verständliche<br />
Drang zumindest des konservativen Bürgertums,<br />
das adlige Vorbild schleunigst nachzuahmen.<br />
Von diesem Drange zu Höherem dürften vor<br />
allem jene bürgerlichen Aufsteiger beseelt gewesen<br />
sein, die es in der Ära des absterbenden Absolutismus<br />
zu Wohlstand und gesellschaftlichem<br />
Ansehen gebracht hatten. Und es ist bestimmt<br />
kein Zufall, daß diese Kreise, gleich nach dem<br />
Adel, zur Hauptzielgruppe des erwähnten Weimarer<br />
«Journals des Luxus und der Moden» gehörten.<br />
Diese im Zweifel monarchistisch gesinnte Besitzbürgerschicht<br />
bekam freilich in den neunziger<br />
Jahren des 18. Jahrhunderts vorübergehend erhebliche<br />
Schwierigkeiten mit der <strong>Matrosen</strong>mode.<br />
Schuld daran war natürlich die Französische<br />
Revolution, die ja nicht nur Geschichte, sondern<br />
auch Modegeschichte gemacht hat.<br />
Um sich auch in ihrer Kleidung von den Reaktionären<br />
des Ancien régime abzuheben, verschmäh-<br />
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