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Der Matrosen- anzug Der Matrosen- anzug - Reklamehimmel

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1889: <strong>Der</strong> Kaufmann Wilhelm Bleyle, 39, beginnt<br />

in Stuttgart die maschinelle Fertigung von<br />

Kinderstrickkleidung mit acht Mitarbeitern, fünf<br />

Maschinen und einer fixen Idee: Warm soll das<br />

Zeug halten und lange, gesund soll es sein und<br />

preiswert. Ein Jahr lang tüftelt und werkelt der<br />

Schwabe herum, dann hat er den Strickmusterbogen<br />

raus und seine Marke auf dem Markt: Den<br />

original Bleyle-<strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong> aus maschinengestrickter<br />

Wolle – den ersten fürs gemeine Volk.<br />

1989: Ex-Kaiserin Zita von Österreich–Ungarn,<br />

fast 97, ist tot. Eine Kompanie Tiroler Schützen<br />

gibt ihr das letzte Geleit, ein Chor der Wiener<br />

Sängerknaben das letzte Konzert. Die Schützen<br />

tragen Lederhosen, die Sängerknaben den <strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong><br />

– zu Grabe?<br />

20. Mai 1989: Die Wiener Sängerknaben geben Ex-Kaiserin<br />

Zita von Österreich-Ungarn das letzte Konzert<br />

8<br />

Zwischen Zitas Tod und Bleyles Tat liegen 100<br />

Jahre, in denen Modegeschichte gemacht wurde:<br />

Die Geschichte von der Karriere eines Kleidungsstücks,<br />

das den Ausbruch aus den kleinen, elitären<br />

Zirkeln des herrschenden Hoch- und Geldadels<br />

geschafft hat, um zu den demokratischen Höhen<br />

einer nationalen, alle Standes– und Klassengrenzen<br />

sprengenden Kinderuniform aufzusteigen.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong> - und in abgeschwächter<br />

Form auch sein weibliches Pendant, das <strong>Matrosen</strong>kleid<br />

– avancierte im ersten Drittel dieses<br />

Jahrhunderts zum beliebtesten Kinder-Dreß<br />

mehrerer Generationen und war dabei stets mehr<br />

als nur ein bloßes Kleidungsstück.<br />

Er war Turnerkleid und patriotischer Gesinnungsausweis,<br />

Identifikationsobjekt mit dem<br />

Heldentum der «blauen Jungs», textiler Ausdruck<br />

einer neuen großen Freiheit und nicht zuletzt<br />

Vorbild für die Marinemode der Erwachsenen.<br />

«<strong>Der</strong> ‹Navy Look› », schreibt die Volkskundlerin<br />

Gisela Jaacks in dem Buch «Übersee – Seefahrt<br />

und Seemacht im deutschen Kaiserreich», «ist<br />

eines der wenigen Phänomene der menschlichen<br />

Kleidungsgeschichte, bei dem die Couture der<br />

Erwachsenen der Entwicklung der Kinderkleidung<br />

folgte.»<br />

Das Phänomen ist noch virulent: In der Damenmode<br />

– und vereinzelt auch in der Kleinmädchenmode<br />

– tauchten Ende der achtziger Jahre gelegentlich<br />

noch (oder schon wieder?) Anklänge an<br />

die <strong>Matrosen</strong>kleidung auf.<br />

Als Jungenkleidung ist der <strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong> –<br />

9

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