Der Matrosen- anzug Der Matrosen- anzug - Reklamehimmel
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Festkleidchen aus Tüll und Spitze über dem rosa<br />
oder hellblauen Unterkleid und diejenigen aus<br />
leuchtendem Samt ebensosehr wie die hübschen<br />
Alltagskleider aus feinen Wollstoffen und leichten<br />
Musselinen, die alle nach dem letzten Schrei der<br />
Mode gefertigt werden mußten. Und eitle Mütter<br />
fragten wenig danach, ob die Machart der körperlichen<br />
Entwicklung ihrer jungen Tochter nicht<br />
beträchtlichen Schaden zufügte. Wie sollte sich da<br />
ein Anzug durchsetzen, der jeden individuellen<br />
Geschmack auszuschließen schien?<br />
Die «Modenwelt» brachte 1885 eine Kombination<br />
für kleine Mädchen, die aus einem bis zum Knie<br />
reichenden, karierten Faltenröckchen und einer<br />
durch Gummizug zusammengehaltenen Bluse bestand.<br />
<strong>Der</strong> Kragen und der auf dem Einsatz eingestickte<br />
Anker geben uns das Recht, sie als<br />
<strong>Matrosen</strong>bluse anzusprechen. Von nun an dringt<br />
das <strong>Matrosen</strong>kleid auch in die Mädchenmode ein;<br />
im neuen Jahrhundert tritt es seinen Siegeszug an,<br />
um zu verlöschen, als nach dem Ersten Weltkrieg<br />
ein neues Bekleidungsideal sich in der Frauentracht<br />
anbahnte. Alle Formen der Bluse, welche<br />
die Jungen trugen, wurden für die Mädchen<br />
nachgeahmt. <strong>Der</strong> Kieler Schnitt war bei beiden<br />
Geschlechtern sogar völlig gleich. Dazu gehörte<br />
der Faltenrock mit oder ohne Quetschfalte. Es<br />
konnten natürlich auch enge Röcke sein; diesen<br />
aber fehlte die schmissige Eleganz.<br />
Während des Krieges brachte die «Deutsche Modenzeitung»<br />
anstelle der Bluse mit Gummizug<br />
den langen Kittel auf, der im übrigen mit allen<br />
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Merkmalen der <strong>Matrosen</strong>tracht ausgestattet war.<br />
<strong>Der</strong> Faltenrock schaute wie eine breite Falle daraus<br />
hervor; das Schwingende, das seinen Reiz<br />
ausmacht, aber hatte man ihm genommen. Ich<br />
erinnere mich nicht, jemals einen Jungen in einem<br />
<strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong> aus roter Wolle oder gar aus<br />
weiß-rotem Kadettstoff gesehen zu haben. Die<br />
Mädchen hingegen liebten auch diese anspruchsvolle<br />
Farbe.<br />
Für den Kragen aber hat die Mode immer neue<br />
Spielarten gefunden, die ihn veränderten, ohne<br />
den Charakter des Kleides zu zerstören. Man<br />
wandelte z. B. die Form, indem man ihn auch an<br />
der Vorderseite rechtwinklig zuschnitt, oder man<br />
trug ihn hochgeschlossen bis zum Ansatz des<br />
Halses. Man behielt den Schnitt bei, um durch<br />
Wechsel in der Anzahl oder Breite der Streifen<br />
eine reichere Wirkung zu erzielen. An die Stelle<br />
der dunkelblauen konnten weiße, hellblaue oder<br />
sogar rote Kragen treten, die man mit gleichfarbigem<br />
Besatz von Woll-Litzen, Borten oder Soutache<br />
schmückte. Man besetzte sie sogar mit<br />
Spitzen und Stickereien, ohne zu bedenken, daß<br />
diese hier nun wirklich fehl am Platze waren. Nur<br />
der Kieler Anzug blieb glücklicherweise vor allen<br />
«Verschönerungen» bewahrt …<br />
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