Der Matrosen- anzug Der Matrosen- anzug - Reklamehimmel
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«one day verletzt ihr euch, und wir sind daran<br />
schuld. Dann werdet ihr es keinem danken.»<br />
Zu essen gab es immer das, was wir am wenigsten<br />
mochten; ich glaube, das gehörte zu unserer britischen<br />
Erziehung. Und was wir auf den Teller<br />
bekommen hatten, mußte aufgegessen werden.<br />
Mein Alptraum waren weiße Rüben und gekochtes<br />
Fleisch, bei dem kleine helle, elastische Sehnen<br />
zum Vorschein kamen. Wer seinen Teller nicht<br />
leeraß, bekam ihn bei der nächsten Mahlzeit wieder<br />
vorgesetzt.<br />
Den Nachtisch durften wir reihum bestimmen,<br />
jeden Tag ein anderer. Kam die Reihe an Maria<br />
Sole, sagten wir zu ihr: «Such jetzt um Himmels<br />
willen nicht wieder Crème caramel aus, die keiner<br />
ausstehen kann!» Unabänderlich fragte Miss<br />
Parker: «Nun, Maria Sole, was für eine Nachspeise<br />
morgen? It’s your turn.» Maria Sole zögerte,<br />
errötete und flüsterte: «Crème caramel.»<br />
«Aber warum sagst du immer wieder Crème<br />
caramel, wenn du sie gar nicht magst?»<br />
«Mir fällt nichts anderes ein.»<br />
Bis heute habe ich nicht herausgefunden, ob ihr<br />
diese verdammte Crème caramel wirklich<br />
schmeckte und sie es bloß nicht zugeben wollte<br />
oder ob ihr nur die Anstrengung, sich einen anderen<br />
Nachtisch auszudenken, zu groß war.<br />
Nach dem Mittagessen machten wir lange<br />
Spaziergänge. Wir durchquerten die Stadt bis zur<br />
Piazza d’Armi, wo die Soldaten exerzierten. Nur<br />
wenn es regnete, durften wir unter den Arkaden<br />
gehen (den berühmten Arkaden von Turin) und<br />
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Susanne Agnelli<br />
die Auslagen der Geschäfte ansehen. Natürlich<br />
ohne stehenzubleiben, denn ein Spaziergang ist<br />
ein Spaziergang und kein Herumbummeln, das<br />
nicht der Gesundheit dient. Turin war, auch<br />
damals, für seine Konditoreien berühmt. Im<br />
künstlichen Licht der Schaufenster erschienen<br />
arabeskenverzierte Torten, cremegefüllte kleine<br />
Kuchen, Pralinen, Marzipan, Berge von Brioches<br />
und Platten mit bunten, wie Blumen angeordneten<br />
Fondants, aber wir hätten es niemals zu träumen<br />
gewagt, daß man ein solches Geschäft betreten<br />
und diese verführerischen Köstlichkeiten<br />
erstehen könnte. «Man ißt nicht zwischen den<br />
Mahlzeiten, das verdirbt den Appetit», lautete<br />
eine eiserne Regel, die in Frage zu stellen mir nie<br />
in den Sinn gekommen wäre.<br />
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