scheuen Rundblick über die Anwesenden hingleiten, und ein wenig ermutigt durch die Milde, die ihm aus den Augen Großmamas und Tante Tonys entgegenleuchtete, sagte er mit leiser, ein wenig harter Stimme: «‹Schäfers Sonntagslied› … von Uhland.» «Oh, mein Lieber, das ist nichts!» rief der Senator. «Man hängt dort nicht am Klavier und faltet die Hände auf dem Bauche … Frei stehen! Frei sprechen! Das ist das erste. Hier stelle dich mal zwischen die Portieren! Und nun den Kopf hoch. Und die Arme ruhig hängen lassen … Hanno stellte sich auf die Schwelle zum Wohnzimmer und ließ die Arme hängen. Gehorsam erhob er den Kopf, aber die Wimpern hielt er so tief gesenkt, daß nichts von seinen Augen zu sehen war. Wahrscheinlich schwammen schon Tränen darin. «Das ist der Tag des Herrn», sagte er ganz leise, und desto stärker klang die Stimme seines Vaters, der ihn unterbrach: «Einen Vortrag beginnt man mit einer Verbeugung, mein Sohn! Und dann viel lauter. Noch einmal, bitte! ‹Schäfers Sonntagslied›... Das war grausam, und der Senator wußte wohl, daß er dem Kinde damit den letzten Rest von Haltung und Widerstandskraft raubte. Aber der Junge sollte ihn sich nicht rauben lassen! Er sollte sich nicht beirren lassen! Er sollte Festigkeit und Männlichkeit gewinnen … «‹Schäfers Sonntagslied›!» … wiederholte er unerbittlich und aufmunternd … 148 Aber mit Hanno war es zu Ende. Sein Kopf hing tief auf der Brust, und seine kleine Rechte, die blaß und mit bläulichen Pulsadern aus dem unten ganz engen, dunkelblauen, mit einem Anker bestickten <strong>Matrosen</strong>ärmel hervorsah, zerrte krampfhaft an dem Brokatstoff der Portiere. «Ich bin allein auf weiter Flur», sagte er noch, und dann war es endgültig aus. Theodor Fontane: Die höhere Tochter Mutter und Tochter waren fleißig bei der Arbeit, die der Herstellung eines aus Einzelquadraten zusammenzusetzenden Altarteppichs galt; ungezählte Wollsträhnen und Seidendocken lagen auf einem großen, runden Tisch bunt durcheinander, dazwischen, noch vom Lunch her, ein paar Dessertteller und eine mit großen, schönen Stachelbeeren gefüllte Majolikaschale. Rasch und sicher ging die Wollnadel der Damen hin und her, aber während die Mutter kein Auge von der Arbeit ließ, legte die Tochter, die den Rufnamen Effi führte, von Zeit zu Zeit die Nadel nieder und erhob sich, um unter allerlei kunstgerechten Beugungen und Streckungen den ganzen Kursus der Heil- und Zimmergymnastik durchzumachen. Es war ersichtlich, daß sie sich diesen absichtlich ein wenig ins Komische gezogenen Übungen mit ganz besonderer Liebe hingab, und wenn sie dann so dastand und, langsam die Arme hebend, die Handflächen hoch über den Kopf zusammen- 149
«<strong>Der</strong> Freundschaftsring» – Zeichnung von Oskar Hoffmann. Aus dem Jugendbuch «Töchteralbum», 1907 «Ottos Spazierstock» – Zeichnung von A. Holm. Aus «Herzblättchens Zeitvertreib» (um 1890) 150 151
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