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Der Matrosen- anzug Der Matrosen- anzug - Reklamehimmel

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kleidet und allgemein gehalten schienen. Die<br />

Herrichtung der drei Mädchen, von denen die<br />

älteste für erwachsen gelten konnte, war bis zum<br />

Entstellenden herb und keusch. Eine gleichmäßig<br />

klösterliche Tracht, schieferfarben, halblang,<br />

nüchtern und gewollt unkleidsam vom Schnitt,<br />

mit weißen Fallkragen als einziger Aufhellung,<br />

unterdrückte und verhinderte jede Gefälligkeit<br />

der Gestalt. Das glatt und fest an den Kopf geklebte<br />

Haar ließ die Gesichter nonnenhaft leer<br />

und nichtssagend erscheinen. Gewiß, es war eine<br />

Mutter, die hier waltete, und sie dachte nicht einmal<br />

daran, auch auf den Knaben die pädagogische<br />

Strenge anzuwenden, die ihr den Mädchen gegenüber<br />

geboten schien. Weichheit und Zärtlichkeit<br />

bestimmten ersichtlich seine Existenz. Man hatte<br />

sich gehütet, die Schere an sein schönes Haar zu<br />

legen; wie beim ‹Dornauszieher› lockte es sich in<br />

die Stirn, über die Ohren und tiefer noch in den<br />

Nacken. Das englische <strong>Matrosen</strong>kostüm, dessen<br />

bauschige Ärmel sich nach unten verengerten und<br />

die feinen Gelenke seiner noch kindlichen, aber<br />

schmalen Hände knapp umspannten, verlieh mit<br />

seinen Schnüren, Maschen und Stickereien der<br />

zarten Gestalt etwas Reiches und Verwöhntes.<br />

Katia Mann: Das Modell<br />

Wir fuhren mit dem Dampfer nach Venedig. Mein<br />

Mann hing über die Maßen am Lido und an<br />

Venedig. Wir waren oft dort, sonst waren wir im-<br />

154<br />

mer mit der Eisenbahn gekommen. Auf dieser<br />

Reise kamen wir zum ersten Mal von der See aus<br />

herein und auf dem Schiff war tatsächlich auch<br />

der greise Geck, ein offenbar geschminkter und<br />

hergerichteter älterer Herr, umgeben von jungen<br />

Leuten. Die tobten und machten Unsinn.<br />

Wir kamen an und suchten eine Gondel, die uns<br />

herüberfährt nach dem Lido. Es kam auch gleich<br />

einer und erklärte, er wäre bereit, uns zu fahren.<br />

Und wie wir aussteigen und ihn bezahlen, kam<br />

ein Dortiger und sagte: <strong>Der</strong> hat ja gar keine<br />

Konzession. Da haben Sie Glück gehabt, daß Sie<br />

keine Unannehmlichkeiten hatten! Also, dieser<br />

greise Geck war da, und der Gondoliere war da.<br />

Dann gingen wir in das Hotel-des-Bains, wo wir<br />

reserviert hatten. Es liegt am Strand, war gut<br />

besucht, und bei Tisch, gleich den ersten Tag,<br />

sahen wir diese polnische Familie, die genau so<br />

aussah, wie mein Mann sie geschildert hat: Mit<br />

den etwas steif und streng gekleideten Mädchen<br />

und dem sehr reizenden, bildhübschen, etwa<br />

13jährigen Knaben, der mit einem <strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong>,<br />

einem offenen Kragen und einer netten<br />

Masche gekleidet war, und meinem Mann sehr in<br />

die Augen stach. Er hatte sofort ein Faible für<br />

diesen Jungen, er gefiel ihm über die Maßen, und<br />

er hat ihn auch immer am Strand mit seinen<br />

Kameraden beobachtet. Er ist ihm nicht durch<br />

ganz Venedig nachgestiegen, das nicht, aber der<br />

Junge hat ihn fasziniert, und er dachte öfters an<br />

ihn …<br />

Heinrich, der auch mit von der Partie war, wollte<br />

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