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Der Matrosen- anzug Der Matrosen- anzug - Reklamehimmel

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(so auch der Titel des Basedowschen Hauptwerks<br />

in vier Bänden).<br />

Auf die Schülerkleidung bezogen hieß das: Anzug<br />

à la matelot, freilich ohne Rüschen und ohne<br />

Schärpe, und auch nicht aus Atlas oder Seide,<br />

sondern aus Wolle, Zwillich oder Leinen. So zu<br />

sehen zum Beispiel in den Illustrationen von Daniel<br />

Chodowiecki (1726–1801) zu den Schriften<br />

J. H. Campes oder in der (1793 erstmals erschienenen)<br />

«Gymnastik für die Jugend» des Schnepfenthaler<br />

Turnpädagogen J. C. F. GutsMuths.<br />

Kommen wir zum Schluß: Nur im europäischen<br />

Hochadel hat die erste Marinemodewelle wirklich<br />

Mode gemacht. Das Bürgertum wurde davon nur<br />

am Rande berührt: Das Besitzbürgertum durch<br />

seine Nähe zum Adel, das Bildungsbürgertum<br />

durch seinen Kontakt mit der Reformpädagogik<br />

und das politisch aufgeklärte Bürgertum durch<br />

die Übernahme der republikanischen Ideen der<br />

revolutionären Franzosen.<br />

Die unteren Schichten in den Städten und das einfache<br />

Volk auf dem flachen Lande blieben von der<br />

Marinemode völlig unberührt, sieht man von<br />

regionalen Besonderheiten in den französischen<br />

Hafenstädten und der vorübergehenden Einführung<br />

der Sansculotten-Tracht als offizieller<br />

Revolutionsmode einmal ab.<br />

Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts war dem<br />

<strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong> nicht sehr gewogen. Konnte er<br />

das Empire, wenn auch etwas ramponiert, gerade<br />

noch überleben, so ging es ihm im Biedermeier im<br />

wörtlichsten Sinne des Wortes an den Kragen.<br />

22<br />

Das Empire – jene im napoleonischen Frankreich<br />

ausgebildete Stilrichtung des Klassizismus – unterwarf<br />

auch den Anzug à la matelot seinem rigiden<br />

Stildiktat: Geradlinig, einfach, streng. Die<br />

Hose wurde ähnlich wie eine Latzhose über die<br />

Taille hinaus nach oben verlängert und in Achselhöhe<br />

auf eine kurzärmelige Bluse geknüpft, wodurch<br />

das Kostüm, verglichen mit dem Charme<br />

der frühen Jahre, ausgesprochen schmucklos und<br />

nüchtern wirkte. Immerhin: <strong>Der</strong> breite weiße<br />

Kragen durfte als einziges Schmuckstück an der<br />

Bluse bleiben. Und was Aufklärer und Reformpädagogen<br />

von einer kindgerechten Kleidung<br />

gefordert hatten, nämlich vor allem Eigenständigkeit<br />

und Bewegungsfreiheit, blieb im Empire<br />

weitgehend erhalten.<br />

Anders im Biedermeier. Hier sehen die Kinder<br />

wieder wie kleine Erwachsene aus, die Töchter<br />

wie die Mütter, die Söhne wie die Väter. Die<br />

Mädchenmode kehrt zur engen Taille zurück, in<br />

der Knabenmode dominieren die knielangen Kittel<br />

mit den weiten Ärmeln. <strong>Der</strong> <strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong><br />

ist passé, zumindest in der Stadt und am Hofe.<br />

Dagegen scheint er überraschenderweise auf dem<br />

Lande, wenn vielleicht auch nur in einigen<br />

Regionen, gerade erst so richtig angekommen zu<br />

sein – eine Landung mit 30jähriger Verspätung.<br />

Scherenschnitte des Silhouetteurs Caspar Dilly<br />

vom Landvolk im nordwestlichen Niedersachsen<br />

zeigen eine ganze Reihe zum sonntäglichen<br />

Kirchgang feingemachter kleiner Jungen, alle im<br />

<strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong>.<br />

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