Der Matrosen- anzug Der Matrosen- anzug - Reklamehimmel
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freude. In Fontanes (1895 erschienenem) Roman<br />
«Effi Briest» genießt die jugendliche Titelheldin<br />
ihr weiß-blau-gestreiftes <strong>Matrosen</strong>kleid als Ausdruck<br />
jungmädchenhafter Ungezwungenheit und<br />
Lebenslust, während der alte Werner Finck<br />
(1902-1978) bei <strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong> stets wehmütig<br />
an sein frühreifes Verhältnis zu Fräulein Marie<br />
denken mußte, die ihm jahrelang zum Pinkeln die<br />
Hosen auf– und zugeknöpft hat.<br />
Die Zeitenläufte brachten es mit sich, daß sich<br />
auch kriegerische Erinnerungen mit dem <strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong><br />
verbinden. So beschreibt zum Beispiel<br />
der hessische Schriftsteller Ernst Glaeser (1902-<br />
1963) in seinem stark autobiographisch gefärbten<br />
Buch «Jahrgang 1902» sehr eindringlich einen<br />
häßlichen, ärmlichen, schwächlichen, rothaarigen<br />
Jungen namens Pfeiffer, der sich von den andern<br />
vor allem dadurch auszeichnete, daß er als einziger<br />
keinen <strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong> trug und daher bei den<br />
kindlichen Kriegsspielen nur passiv teilnehmen<br />
durfte – als Prügelknabe.<br />
Im «Heimatmuseum» des ostpreußischen Autors<br />
Siegfried Lenz (geb. 1926) wäre der Ich-Erzähler<br />
beim Erwerb eines neuen <strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong>s «beinahe<br />
erfolgreich exekutiert» worden, weil ausgerechnet<br />
zum Kaufzeitpunkt «die erste Mörsergranate<br />
auf dem Lucknower Marktplatz» explodierte.<br />
Dagegen wußten die Künstlerkinder Erika und<br />
Klaus Mann selbst noch aus der größten Kriegsnot<br />
eine kreative Tugend zu machen: Als im<br />
Kriegssommer 1917 nicht nur die Butter, sondern<br />
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auch die Schuhe knapp wurden, kreierten sie eine<br />
neue Mode und trugen zu ihren schicken, weißen,<br />
inzwischen allerdings etwas fadenscheinig gewordenen<br />
<strong>Matrosen</strong>anzügen die blanken Füße zur<br />
Schule und wurden für diese «patriotische Leistung»<br />
von den Lehrern sogar noch gelobt.<br />
Überhaupt Thomas Mann und seine Familie,<br />
seine Geschwister, seine Kinder, seine Helden,<br />
und der <strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong> – das ist ein Extra–Kapitel,<br />
zu verzwickt und komplex, um es hier abhandeln<br />
zu können. Möge sich die Literaturwissenschaft<br />
darum kümmern (falls nicht bereits geschehen).<br />
Wir haben uns mit zwei Andeutungen<br />
begnügt: Mit dem Schmerz über das stille Leiden<br />
des Lübecker Kaufmannssohnes Hanno und mit<br />
der Freude an der göttlichen Schönheit des polnischen<br />
Grafensohnes Tadzio.<br />
Ein Hinweis noch auf das vorletzte Beispiel unserer<br />
kleinen Auswahl aus dem umfangreichen Fundus<br />
zum Thema «<strong>Der</strong> <strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong> in der Literatur».<br />
Das Zitat aus Susanna Agnellis (1976 auf<br />
deutsch erschienenen) Memoiren mit dem beziehungsvollen<br />
Titel «Wir trugen immer <strong>Matrosen</strong>kleider»<br />
steht hier aus doppeltem Grunde: Zum<br />
einen als kleine Referenz an die weibliche Version<br />
unseres Gegenstandes, zum andern als literarischer<br />
Beleg für die Internationalität der Marinemode<br />
im ersten Drittel dieses Jahrhunderts.<br />
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