Der Matrosen- anzug Der Matrosen- anzug - Reklamehimmel
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hat. Stehen Jaegers hygienischen Wollthesen gewissermaßen<br />
für den Inhalt der Bleyle-Kleidung,<br />
so wird des Kaisers Marine-Passion sehr bald –<br />
und dann für Jahrzehnte – zum Garanten ihrer<br />
verbreitetsten Form: Bereits ein Jahr nach Firmengründung<br />
begann Wilhelm Bleyle mit Herstellung<br />
und Vertrieb eines Bleyle-Knaben<strong>anzug</strong>s<br />
in Form eines Bleyle-<strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong>s mit dem<br />
Erfolg, daß der eine bald zum Synonym des<br />
andern wird.<br />
Nun war dero «Allerhöchste Marinepassion»<br />
(s. vorne, Kap. 5) eine Konjunkturbrise, die auch<br />
anderen <strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong>-Herstellern mächtig die<br />
Segel blähte. Aber keiner hat verstanden, soviel<br />
Wind damit zu machen. Keiner hat – um im<br />
Strick-Jargon zu bleiben – die Marinemode so zu<br />
seiner Masche gemacht wie Bleyle, in seiner Produktpolitik<br />
genauso wie in seiner Markenpolitik,<br />
in Werbung und Vertrieb wie in Verkaufsförderung<br />
und Verbraucherservice.<br />
Dem ersten Modell namens «Artur» aus dem Jahr<br />
1890 folgen bald weitere, dem Bleyle-<strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong><br />
für Knaben das Bleyle-<strong>Matrosen</strong>kleid für<br />
Mädchen. Die <strong>Matrosen</strong>mode wird für Bleyle<br />
zum Rückgrat des Geschäfts, der <strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong><br />
zum Brot- und Butter-Artikel, ein Admiralthema<br />
mit schier endlosen Variationen, eine textile<br />
Allzweckwaffe für alle Tage und Feste, als Schulund<br />
Turnkluft genauso geeignet wie als Festtagskleid<br />
für allerhöchste Anlässe wie Kommunion<br />
und Konfirmation.<br />
Vor dem Ersten Weltkrieg sind es bereits elf ver-<br />
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schiedene Modelle allein für Knaben, von «Rudolf»<br />
und «Benno» («wie Rudolf, nur weiter gehalten»),<br />
über «Eugen» und «Emil» («mit Überkragen<br />
und Einsatz aus marineblauem Waschstoff»)<br />
bis zu «Oskar» («mit Westenleibchen aus<br />
blauem Strickstoff») und «Harold» («mit handgestricktem,<br />
echtfarbigem Anker»), von den Mädchen-Blusen<br />
«Luise» und «Else» und der Turnbluse<br />
«Lotte» ganz zu schweigen.<br />
«Vor kaum einem Vierteljahrhundert noch völlig<br />
unbekannt», heißt es in einem aus Anlaß der<br />
25jährigen Regentschaft des württembergischen<br />
Königs Wilhelms I. herausgegebenen «Erinnerungsbuch»<br />
aus dem Jahr 1916/17, «sind Bleyle-<br />
Knabenanzüge heute in bestem Sinne des Wortes<br />
Gemeingut des deutschen Volkes geworden - als<br />
Muster einer schmucken, vornehmen, dabei aber<br />
auch gesundheitlich zwecksprechenden, außerordentlich<br />
haltbaren Knabenkleidung.»<br />
Um in weniger als einem Vierteljahrhundert aus<br />
einem textilen Gebrauchsgut ein deutsches Gemeingut<br />
zu machen, das länger als ein Dreivierteljahrhundert<br />
halten sollte, dazu bedarf es mehr als<br />
nur einer guten Idee und einer kaiserlichen<br />
Passion. Dazu braucht man ein fast magisches<br />
Gespür für den Markt, einen perfekten Apparat<br />
für den Vertrieb - und natürlich viel Fortüne.<br />
Bleyle hatte alles.<br />
Er hatte den Zeitgeist für sich (unabhängig von<br />
der nationalen Marinebegeisterung, die ja auch<br />
der Konkurrenz zugute kam). Als Bleyle 1890 ins<br />
<strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong>geschäft einstieg, lief gerade ein<br />
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