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Der Matrosen- anzug Der Matrosen- anzug - Reklamehimmel

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Kind seiner Zeit: Als furchtloser Unternehmer<br />

mit viel Pioniergeist und wenig Eigenkapital, als<br />

maschinengläubiger Fortschrittsverfechter in den<br />

Aufbruchszeiten des Umbruchs von der Handwerkstatt<br />

zur Fabrikanlage, als harter Arbeiter<br />

und noch härterer Arbeitgeber, als geiziger Kaufmann<br />

und ehrgeiziger Selfmademan. Vor allem<br />

aber war Wilhelm Bleyle ein Kind seiner schwäbisch-alemannisch-pietistischen<br />

Heimat und eines<br />

seit Generationen handwerklich vorgeprägten<br />

Elternhauses. Wilhelm Bleyle wird 1850 im östlichen<br />

Bodenseeraum geboren. Das vorarlbergische<br />

Feldkirch ist seine Heimatstadt, der Vater<br />

von Beruf Uhrmacher, seine Ahnen Schmiede,<br />

acht Generationen in Folge. Die Familie ist arm,<br />

dennoch darf Wilhelm auf die Oberrealschule<br />

nach Innsbruck gehen. Er lernt von der Schule<br />

fürs Leben: Er wird es dem Realen weihen. Wilhelm<br />

ist mathematisch begabt. Er will Kaufmann<br />

werden und Karriere machen. Die Chancen dafür<br />

scheinen ihm – erste kluge Unternehmerentscheidung<br />

– im deutsch-wilhelminischen Teil der<br />

Region größer zu sein als im österreichisch-habsburgischen.<br />

Er geht nach Ulm und wird – zweite<br />

kluge Unternehmerentscheidung –Einzelhandelskaufmannslehrling<br />

im Zigarrenversandgeschäft<br />

Schultheiß. Denn so wie heute am Anfang<br />

erfolgreicher Politiker–Karrieren häufig die<br />

Erfahrung vor Ort, nämlich in der Kommune,<br />

steht, so stand damals am Anfang erfolgreicher<br />

Unternehmer–Karrieren in der Regel die<br />

Erfahrung im Detail, nämlich im Einzelhandel.<br />

94<br />

Kaum ausgelernt, treibt es den jungen Bleyle hinaus<br />

aus der biederen Enge der Ulmer Provinz. In<br />

der Landeshauptstadt Stuttgart, einer der mächtig<br />

aufstrebenden Großstädte des jungen deutschen<br />

Reiches, hat die Gold– und Silberwarenfabrik<br />

Märcklin & Co. die Stelle eines Ersten Buchhalters<br />

ausgeschrieben. <strong>Der</strong> gerade ausgelernte Einzelhandelskaufmann<br />

bewirbt sich – und beweist<br />

damit gleich zwei der wichtigsten Unternehmertugenden:<br />

Unverfrorenheit und grenzenloses<br />

Selbstvertrauen (was im Grunde vielleicht sogar<br />

das gleiche ist). Bleyle hat nämlich zu diesem Zeitpunkt<br />

noch keinerlei Ahnung von den Geheimnissen<br />

der doppelten Buchführung. <strong>Der</strong> Vorstellungstermin<br />

ist an einem Samstagmorgen, am<br />

nächsten Montagmorgen soll er schon anfangen,<br />

als Bürovorsteher einer vierköpfigen Abteilung.<br />

Da helfen nur noch zwei weitere Unternehmertugenden:<br />

Fleiß und fast unbegrenzte Lernfähigkeit.<br />

Wilhelm Bleyle kauft sich, antiquarisch<br />

wohlverstanden, ein Lehrbuch für doppelte<br />

Buchführung, büffelt eineinhalb Tage und zwei<br />

Nächte lang und präsentiert sich am Montagmorgen<br />

als perfekter Oberbuchhalter.<br />

Die erste Karrierestufe ist, sozusagen über Nacht,<br />

genommen, und gleich kann Bleyle zwei neue<br />

Unternehmerqualitäten beweisen: Ein gutes<br />

Auge für Rationalisierungsmöglichkeiten und<br />

eine völlig unsentimentale Ichstärke im Umgang<br />

mit Arbeitskräften. Kaum im Amt, erklärt der<br />

neue Oberbuchhalter seinen freudig aufhorchenden<br />

Chefs, die Hälfte seiner Buchhaltungskolle-<br />

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