Der Matrosen- anzug Der Matrosen- anzug - Reklamehimmel
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Von vornherein schieden die allzu getreuen<br />
Nachahmungen aus, mit denen die Kieler Firma<br />
ihre Kunden zu kleinen <strong>Matrosen</strong> machte: Lange,<br />
weite Hosen wurden als unpassend, goldbetreßte<br />
Galagarnituren mit Jäckchen als kindisch, ja<br />
schon Mützen, von denen zwei lange Bänder vorschriftsmäßig<br />
in den Nacken fielen, als zu «echt»<br />
empfunden. Zur blauen, bis zum Knie reichenden<br />
Hose aus «Cheviot» wurde die aus bestem Marinetuch<br />
bestehende Kieler Bluse über den Kopf<br />
gezogen, über deren Kragen ein zweiter, ebenfalls<br />
blauer, doch weiß gesäumter, waschbarer Leinenkragen<br />
geknüpft wurde. Darüber kam der Mantel,<br />
ein zweireihiger, mit ankergeschmückten<br />
Knöpfen versehener Paletot. Die Mütze, «Tellermütze»<br />
genannt, hatte an der linken Seite eine<br />
Schleife, die das Mützenband (S.M.S. Frauenlob)<br />
in zwei kurzen Enden auslaufen ließ. Immer verlief<br />
ein solcher Kauf rasch, unter empfehlenden<br />
Bemühungen der Verkäufer, die sie höflicherweise<br />
auch an den Bob richteten. Von jedem Anzug<br />
wurde behauptet, daß der «Junge» noch in<br />
ihn hineinwachsen und daß man den Stoff beliebig<br />
«strapazieren» könne. Während das letztere<br />
von Bob als willkommene Bereicherung seines<br />
Fremdwörterschatzes aufgenommen wurde, verdarb<br />
ihm der taktlose Hinweis auf das Hineinwachsen<br />
die Laune, zumal es mit jenem ausprobierenden<br />
Strammziehen des neuen Mantels verbunden<br />
war, das den Träger als bloßes Objekt der<br />
Handlung und als Kandidaten natürlichen<br />
Wachstums in seinem Stolz angriff. Freilich er-<br />
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hellte sich die Laune bei den Schlußformalitären,<br />
wenn dem Bob an der Kasse ein Geschenk, etwa<br />
eine goldene Uhr aus Papiermaché, überreicht<br />
wurde. Das neue Stück behielt man an, das alte<br />
wurde eingepackt unter den Arm geklemmt.<br />
«Beehren Sie uns recht bald wieder.»<br />
Susanna Agnelli: Britische Erziehung<br />
Wir trugen immer <strong>Matrosen</strong>kleider: Blaue im<br />
Winter, blauweiße in der Übergangszeit und<br />
weiße im Sommer. Zum Abendessen zogen wir<br />
uns ein elegantes Kleid und seidene Kniestrümpfe<br />
an. Mein Bruder Gianni wechselte nur den<br />
<strong>Matrosen</strong><strong>anzug</strong>.<br />
Beim abendlichen Waschen ging es sehr laut zu,<br />
mit viel Gekreisch und Geplansche. Wir drängelten<br />
uns im Badezimmer, in der Badewanne und<br />
brachten die Zimmermädchen zur Verzweiflung.<br />
Sie kämmten und bürsteten uns die langen krausen<br />
Haare und banden sie schließlich mit riesigen<br />
schwarzen Schleifen zusammen.<br />
Dann erschien Miss Parker. Wenn sie uns alle beisammen<br />
hatte, sagte sie: «Let’s go, und macht keinen<br />
Lärm!» Wir flitzten so schnell wir konnten<br />
den Korridor entlang, durch die marmorne Eingangshalle,<br />
wirbelten um die Ecke, wobei wir uns<br />
an der Säule der Herrschaftstreppe festhielten,<br />
und weiter bis zum kleinen Eßzimmer, wo wir<br />
keuchend stehenblieben. «Ich habe euch doch gesagt,<br />
ihr sollt nicht rennen», tadelte Miss Parker,<br />
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